Beschwerde in Quedlinburg Beschwerde in Quedlinburg: Anonymer Angriff auf das Jobcenter

quedlinburg/MZ - Eigentlich ist das eine ganz normale Baustelle.
Woher das rätselhafte Fax stammt, ist unklar. Weder Geschäftsführung noch Personalrat der Koba seien bislang von Mitarbeitern auf das Parkplatz-Problem angesprochen worden, sagt Koba-Chef Dirk Michelmann. Auch Regionalstellenleiterin Anita Hauswald bezweifelt, dass ihre Mitarbeiter hinter dem Fax stecken könnten. Denn diese wüssten, „dass seit der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit Ausländer ganz legal in Deutschland arbeiten dürfen“. Der Eigentümer des Ladens, in dem das Fax aufgegeben wurde, beschreibt den Absender so: Etwa 50 Jahre alt, mit dem Auftreten eines Geschäftsmannes. Auch das spricht gegen eine Gruppe von Koba-Mitarbeitern als Urheber der Beschwerde.
Vier Männer tragen Steine herbei und verlegen sie auf dem Boden. Hier soll der Parkplatz der Kommunalen Beschäftigungsagentur (Koba) des Landkreises Harz entstehen. Doch das, was sich derzeit im und neben deren Sitz in der Heiligegeiststraße in Quedlinburg abspielt, hat das Zeug zum Politikum.
Ausländerfeindliche Motive?
Für Aufregung im Jobcenter und den am Parkplatzbau beteiligten Firmen sorgt ein anonymes Fax an den Harzer Landrat Martin Skiebe (parteilos), das auch der MZ-Redaktion vorliegt. Vordergründig geht es darin um eine Beschwerde von Koba-Mitarbeitern. Tatsächlich handelt es sich aber wohl eher um eine Attacke gegen die bauausführende Firma. Oder gar - das glaubt zumindest der Chef des Unternehmens - um pure Ausländerfeindlichkeit. Denn die vier Männer, die die Steine verlegen, kommen aus Bulgarien.
In dem Fax behauptet „eine Menge verzweifelter und erschrockener Mitarbeiter der Koba“, dass sich Kunden des Jobcenters, also Hartz-IV-Empfänger, bei dem Bauunternehmer um den Pflaster-Job beworben hätten - aber mit Verweis auf einen Einstellungsstopp abgewiesen worden seien. Die bulgarischen Arbeiter würden jedoch mit einem Taschengeld - angeblich einem „Projektlohn“ von 500 Euro pro Person - abgespeist. „Für uns als Mitarbeiter einer Sozialbehörde ist dies nicht nachvollziehbar“, heißt es in dem Fax. „Wir wollen unseren Mitbürgern Arbeit beschaffen, und vor unserer Haustür wird mit öffentlichen Ausschreibungen solch Schindluder getrieben.“
Häufig ungerechtfertigte Vorwürfe
„Weder jetzt noch in der Vergangenheit gab es Anlass für Zweifel an der Rechtmäßigkeit der baulichen Arbeiten“, sagt Koba-Chef Dirk Michelmann dazu. Die Firma habe den Zuschlag für die Steinverlegung im Rahmen eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens erhalten. Prüfung und Auftragsvergabe seien durch das Planungsbüro erfolgt, das von der Koba seit 2010 mit der Abwicklung und Organisation des Baugeschehens am Standort Heiligegeiststraße 7 betraut ist. „Mit ungerechtfertigten Vorwürfen müssen sich Jobcenter häufig auseinandersetzen, aber auch Handwerksunternehmen werden immer mal wieder von Konkurrenten zu Unrecht diffamiert“, sagt Michelmann.
Er bekommt Unterstützung durch den Landrat. „Nach den dem Landkreis vorliegenden Informationen ist das Verfahren zur Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen nicht zu beanstanden“, teilt Skiebe mit.
Der Chef des betroffenen Bauunternehmens, der seinen Namen aus Angst vor Nachteilen nicht veröffentlicht sehen will, glaubt nicht an den Angriff eines Konkurrenten. Er vermutet hinter dem Fax ausländerfeindliche Motive. Etwa nach dem Motto: Ausländer nehmen Deutschen die Arbeit weg - und arbeiten für geringere Löhne. Dabei sei es ihm gar nicht darum gegangen, Geld zu sparen, als er den Auftrag an bulgarische Subunternehmer vergab, sagt der Mann der MZ. „Es gibt auf dem Bau definitiv einen Fachkräftemangel. Wir mussten auf ausländische Bauarbeiter zurückgreifen.“
Vorarbeiter sieht kein Problem
Mögliche deutsche Mindestlohnregeln müssen bei dieser Auftragsvergabe offenbar nicht eingehalten werden, weil die vier Bulgaren als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) den Auftrag übernommen haben sollen. Allerdings gelten im Garten- und Landschaftsbau ohnehin (noch) keine Mindestlöhne. Die Bauarbeiter selbst wollen weder ihre Namen nennen, noch sich zu Einzelheiten ihres Auftrags äußern. Der Vorarbeiter der bulgarischen Arbeiter bestätigt gegenüber der MZ lediglich, dass er und seine Mitarbeiter im Auftrag der Garten- und Landschaftsbau-Firma auf eigene Rechnung tätig seien. Er betont, dass er „sehr zufrieden“ mit der Zusammenarbeit sei und auch kein Problem erkennen könne. Er habe einen Auftrag erhalten und führe ihn aus. Wenn jemand Schwierigkeiten damit habe, sei das nicht sein Problem.
„Im Zuge der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist der Einsatz von ausländischen EU-Bürgern auf deutschen Baustellen ein Stück weit zur Realität geworden“, sagt Michelmann. „Daran kann auch die Koba nichts ändern.“