Wiperti-Friedhof Begräbnisstätten in Quedlinburg: Das Rätsel um die dritte Gruft auf dem Wiperti-Friedhof

Quedlinburg - Drei ausgemauerte, begehbare Grüfte auf dem Wiperti-Friedhof in Quedlinburg bleiben ungeöffnet. Dies ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen der evangelischen Kirchengemeinde und der Unteren Denkmalschutzbehörde beim Landkreis Harz.
Die gesamten Anlagen mit 68 noch vorhandenen Grüften, 55 auf dem Wiperti- und 13 auf dem Servatii-Friedhof, der auch als Brühl-Friedhof bekannt ist, sind einmalig in Mitteleuropa und stehen unter Denkmalschutz. Doch nur in drei Grüften befinden sich noch historische Grablegungen: General von Tresckow und Baumeister von der Fehr, jeweils mit Angehörigen. Wer in der dritten Gruft liegt, ist ein Rätsel. Die Belegung der drei Grüfte stammt aus dem 19. und 20. Jahrhundert.
Die evangelische Kirchengemeinde Quedlinburg besitzt sechs Friedhöfe. Dabei stellen Wiperti- und Servatii-Friedhof mit den begehbaren, unter Denkmalschutz stehenden Grüften etwas Besonderes dar. Auch viele Erdgräber auf der Wipertiseite besitzen gemauerte, aber nicht zugängliche Grüfte. Durch die Straße nach Weddersleben/Warnstedt sind beide Friedhöfe getrennt, wobei sich auf der Servatii-Seite die Trauerhalle befindet.
Weitere kirchliche Begräbnisstätten sind der Aegidii-Friedhof am Ziegelhohlweg, der Blasii-Friedhof an der Zwergkuhle, der Markt- und Mathilden-Friedhof an der Weststraße. Auf dem Aegidii- und Blasii-Friedhof sollen in den nächsten Jahren keine Beerdigungen mehr stattfinden, da die Kapazitäten der anderen Begräbnisstätten der evangelischen Kirche ausreichen.
Bereits im 17. Jahrhundert wurden die ersten Grüfte angelegt. Bedeutende Persönlichkeiten der Stadt, wie Bürgermeister, Saatzuchtunternehmer, hohe Militärs oder Pfarrer sowie deren Familien, fanden dort ihre letzte Ruhestätte. „In den Jahrhunderten gab es aber immer wieder Wechsel, wenn der Pachtvertrag auslief. Aus dem 17. und 18. Jahrhundert sind deshalb keine Originalbelegungen mehr vorhanden“, weiß Kreisdenkmalschützer Oliver Schlegel.
Zu DDR-Zeiten seien einige Grüfte für einen Neubau der angrenzenden Gartenbauschule beseitigt worden. „Besonders unverständlich war die Zerstörung der Gruft von Friedrich Gottlieb Klopstock, der auch damals als anerkannte Dichterpersönlichkeit der Aufklärung galt“, sagt Oliver Schlegel. Zur DDR-Zeit seien zudem durch Vandalismus viele Grüfte beschädigt worden und Grablegungen verloren gegangen. „Es ist dem 2010 verstorbenen Eike Schmalz zu danken, dass vieles trotzdem erhalten blieb“, hebt Schlegel hervor. Eike Schmalz habe sich auch nach 1990 immer wieder für den Erhalt der Anlagen stark gemacht. Jetzt gebe es eine Übereinkunft mit der evangelischen Kirchengemeinde zum Erhalt der Anlagen.
Anfragen müssen immer wieder abgelehnt werden
„Wir kümmern uns um die drei noch historisch belegten Grüfte auf dem Wiperti-Friedhof und um die beiden Urnengemeinschaftsgrüfte auf den Servatii-Friedhof sowie um die Museumsgruft, wo Beigaben von geräumten Grüften aufbewahrt werden. Durch eine Gittertür sind Einblicke stets möglich“, erklärt Kirchmeister Frank Mente, der für die Liegenschaften der evangelischen Kirchengemeinde verantwortlich zeichnet. Dazu gehören auch die kirchlichen Friedhöfe. „Die belegten historischen Grüfte geschlossen zu halten, gebietet schon die Totenruhe, der sich die Kirchengemeinde verpflichtet fühlt“, betont Frank Mente.
Der Kirchmeister weist auch darauf hin, dass „für die nächsten 40 Jahre alle geräumten Grüfte vergeben sind“. Es kämen immer wieder Anfragen, doch die müssten abgelehnt werden. Die Pächter haben die Grüfte für mindestens 40 Jahre, manche auch für 80 Jahre übernommen. Neben der Pacht von 2.500 bzw. 5.000 Euro verpflichten sie sich, die jeweilige Gruft instand zu setzen und zu erhalten. Dazu gehört auch, für eine neue Eichentür zu sorgen, an welche die historischen Beschläge und die Lüftungsöffnung eingearbeitet werden.
Die Öffnung ist mit einem schmiedeeisernen Kranz mit Anker, verlöschender Lebensfackel und Kreuz versehen. Neben der Tür ist vor allem die Verankerung von Portaleinfassung und Gruftraum wieder herzustellen. Zudem ist die Belüftung zu gewährleisten, damit zum Beispiel Särge nicht durch Feuchtigkeit beschädigt werden. Diese wiederum müssen aus zwei separaten Holzgehäusen bestehen.
„Nicht alle halten sich genau an unsere Vorgaben, aber wir sind froh, dass Bürger, vor allem aus Quedlinburg, bereit sind, die Arbeiten zu übernehmen. Wir würden es nicht bewältigen können“, gesteht der Kirchmeister. Und auch Oliver Schlegel sieht darin die Chance, diese einmaligen Zeugnisse der Begräbniskultur in Mitteleuropa zu erhalten. (mz)


