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Bäckerei Gelbke Bäckerei Gelbke: Ein Unikat in Quedlinburg

Von Jessica Hanack 03.06.2016, 17:49
Bäcker Matthias Gelbke mit seiner Frau Yvonne, die seit sieben Jahren im Laden arbeitet.
Bäcker Matthias Gelbke mit seiner Frau Yvonne, die seit sieben Jahren im Laden arbeitet. Chris Wohlfeld

Quedlinburg - Der Duft nach Brötchen und Kuchen liegt in der Luft. Wer die Bäckerei in der Quedlinburger Langenbergstraße betritt, überlegt auch ohne Hunger nicht zweimal, ob er etwas probieren sollte. Wenigstens ein kleines Stück. Was nach dem Duft als nächstes auffällt, ist: Kein Brötchen, kein Gebäckstück sieht aus wie ein zweites - mit gutem Grund. Denn die Bäckerei von Matthias Gelbke ist eine echte Handwerksbäckerei. Jeder Teig wird frisch produziert, jedes Gebäck handgeformt. „Ein Brötchen haben wir sechsmal in der Hand, bevor es fertig ist“, so Matthias Gelbke. Tiefgekühlt wird nichts. Damit ist die Bäckerei in Quedlinburg inzwischen eine Rarität. Während es in den 1950er Jahren hier noch rund 60 Handwerksbäckereien gegeben habe, sei seine heute die einzige selbstständige, die noch verblieben ist, erzählt der Bäcker. Eine Entwicklung, die auch bundesweit zu beobachten ist. Innerhalb der vergangenen 60 Jahre ist die Zahl an Handwerksbäckereien von 55.000 auf rund 12.000 gesunken, heißt es in einer Statistik des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks.

Die Bäckerei Gelbke hat überlebt; bereits seit über 100 Jahren wird sie von der Familie geführt. Matthias Gelbke selbst hat als Eigentümer vor wenigen Monaten sein 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Mit der Bäckerei verbunden ist er aber schon seit seiner Kindheit. „Ich habe, seit ich sechs war, in der Backstube gestanden, Bleche geputzt oder Rhabarber geschnitten.“ Später dann, als Jugendlicher, habe er gemeinsam mit seinen Freunden abends in der Bäckerei geholfen. „Die mussten alle mit ran“, sagt Gelbke mit einem Lachen.

Nach seinem Schulabschluss hat er zwei Jahre in der Bäckerei, die damals noch seinem Vater Klaus Otto Gelbke gehörte, gelernt. Nach der Wende ging dieser nach Westdeutschland. Zurück blieben Matthias Gelbke, seine Mutter Ilse und die Bäckerei. Der damals 21-Jährige überlegte nicht lange und übernahm das Unternehmen. Gezweifelt daran, ob er die richtige Entscheidung trifft, habe er nicht. „Meine Mutter stand mit dem Betrieb allein da und ich hatte während meiner Lehre hier schon selbstständig gearbeitet“, erklärt Matthias Gelbke seine Beweggründe.

Seine Mutter ist der Bäckerei bis heute treu geblieben. Auch mit 77 Jahren hilft sie noch jeden Nachmittag im Geschäft aus. „Der Laden ist wie ihre Bühne“, sagt Matthias Gelbke. Mit ihr sind auch viele Stammkunden geblieben, die schon als Kinder hier ihre Brötchen gekauft haben. „Sie schätzen die ’echten’ Brötchen“, sagt Matthias Gelbke und meint damit den Unterschied zwischen den frisch hergestellten Brötchen und jenen, die im Supermarkt oder Discounter verkauft werden.

Frisch produziert bedeutet Genuss für die Kunden, für die Bäcker aber viele Stunden Extraarbeit. Ein Arbeitstag beginnt für Matthias Gelbke und die beiden angestellten Gesellen unter der Woche um zwei Uhr, am Wochenende noch eine Stunde früher. Einen Ruhetag gibt es in der Bäckerei nicht. Wie schafft man das über so viele Jahre? „Der Beruf muss einem Spaß machen“, sagt Gelbke. „Wenn man morgens gut gelaunt aufsteht und motiviert ist, dann geht das.“

Bis heute verwendet er traditionelle Familienrezepte und „keine Chemie“, wie er betont. Dass die Brote dann schneller schimmeln sei normal, das müsse man in Kauf nehmen. Unter den Rezepten haben der Bäcker und seine Frau, die den Verkauf betreut, natürlich auch ihre persönlichen Favoriten. „Die Sanddornbaisertorte“, sagt Matthias Gelbke, „Der Butter-Zuckerkuchen“, sagt seine Frau Yvonne und fügt hinzu: „Den würde ich unter Tausenden erkennen.“

Yvonne Gelbke arbeitet seit sieben Jahren im Geschäft und gehe in der Arbeit richtig auf, wie sie sagt. „Das Schönste ist, wenn die Leute angelockt werden von dem Duft und dann darüber staunen, dass es hier noch einen richtigen Backofen gibt.“

Trotz aller Bewahrung von Traditionen, strebt der Bäcker auch nach Neuerungen: Das Café am Markt wurde vor über 10 Jahren eröffnet, die Bäckerei produziert inzwischen ihr eigenes Eis und für den kommenden April ist die nächste Überraschung geplant. „Die Köpfe sind voller Ideen, uns fehlt nur das Personal, sie umzusetzen“, sagt Gelbke. Das könnte sich jetzt ändern: Seit Juni arbeitet sein Sohn, der ebenfalls Bäcker gelernt hat, in dem Betrieb mit. Und wenn alles nach Plan läuft, dann wird es auch in der fünften Generation noch die Handwerksbäckerei Gelbke geben. (mz)