Ausstellung Ausstellung: Zwischen den Welten

Röderhof/MZ - Hinter der Schleuse aus provisorischen Vorhängen ist die bekannte Welt zu Ende: Die Augen müssen sich erst an das Dämmerlicht in dem kleinen Raum gewöhnen, in dem elf afrikanische Masken Spalier stehen, jede durch einen Spot von oben beleuchtet. Am Ende dieses Ganges steht eine kleine hölzerne Figur unter einer Glasglocke. Wer sie besser sehen will, der muss durch diese Gasse bizarrer Gestalten, begleitet von einem nicht allzu lauten, undefinierbaren Dröhnen. Die Situation ist faszinierend, hat aber durchaus etwas Beklemmendes. Afrikanische Kultur wird hier, im Obergeschoss des Gutshofes Röderhof nahe Halberstadt, auf wirkungsvolle Weise gezeigt. Martin Vorwerk hat die Präsentation beim Kulturverein Röderhof realisiert; der Kommunikationsdesigner will, das ist unmissverständlich, einen anderen Zugang zur fremden Kultur schaffen und stellt gewohnte westliche Betrachtungsweisen in Frage: „Man soll die Masken nicht nur als Holzobjekte wahrnehmen, sondern auch das Spirituelle, das ihnen innewohnt“, sagt er.
"Eine direkte Reverenz an den Kosmos"
Was der Besucher zu sehen bekommt, sind Maskenfragmente des Kifwebe-Phänomens aus dem Südosten des Kongos. In ihrer Heimat werden nicht nur die Masken, sondern ein kompletter Anzug getragen, sagt Vorwerk, dazu gebe es Bewegungen und Musik, eine Performance im Kontext des Geheimbundes, der diese Masken für sich nutzt. Die Bedeutungen sind dabei sehr verschieden. Es gibt Masken, die an einen Gorilla oder an einen Raubvogel erinnern, andere erscheinen wie Geistwesen mit markanten Augen und Mündern. In Röderhof sind sie der ihnen zugedachten Funktion enthoben, sollen aber nicht zu bloßen Schauobjekten und „wie Tiere in Zirkuskäfigen von einer Masse von Gaffern und aus allen Richtungen studiert“ werden. Vorwerk unternimmt den Versuch einer persönlichen, emotionalen Annäherung und lässt stets nur einen Besucher in den Ausstellungsraum, der dadurch „auf sich allein gestellt mit einer deutlichen Überzahl an Persona konfrontiert“ wird. „Ein Objekt kann zwar fixiert werden, im Gegenzug dazu muss man aber die undefinierbaren Blicke achtzehn anderer Augenpaare auf sich und hinter seinem Rücken erdulden.“ Damit wolle er eine Begegnungssituation schaffen, die der ursprünglichen Macht und Wirkung der Bifwebe in einer Art Nachstellung gerecht zu werden versucht, sagt er.
Diese Kommunikation zweier Welten wird auch hörbar gemacht: Das ständige Dröhnen, mit dem der Raum erfüllt ist, sind in Töne umgewandelte Radiowellen, die von einem Nasa-Teleskop eingefangen wurden, erklärt Martin Vorwerk. „Das ist eine direkte Reverenz an den Kosmos, der bei den Masken eine wichtige Rolle spielt.“
Der junge Mann beschäftigt sich intensiv mit fremden Kulturen. Die will er dem Betrachter auf eine stärker künstlerisch ausgelegte Weise zugänglich machen: „In den Museen gibt es wenig Platz, sehr gute Präsentationen sind daher selten möglich.“ Er wirbt für mehr Respekt und Verständnis gegenüber einer schriftlosen Kultur. Die sei deswegen ja nicht primitiver, weil sie schriftlos sei, sondern „sie funktioniert komplett anders“.
Die Ausstellung in Röderhof ist bis zum 20. Oktober immer sonntags von 14 bis 17 Uhr zu sehen.
Mehr zur Arbeit von Martin Vorwerk gibt es im Internet unter www.intersections-of-perception.com