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Aufruf der Redaktion Aufruf der MZ-Lokalredaktion Quedlinburg: Wir suchen die Geschichten zu Ihren Fotos!

Von Susanne Thon 24.11.2019, 09:55
Die Brigade, das Obst vor der Kaufhalle, die Kinder im Krippenwagen und dutzende Trabant-Pkw vor Plattenbauten - Treffer bei der Bild-Suche zu den Begriffen DDR und Alltag.
Die Brigade, das Obst vor der Kaufhalle, die Kinder im Krippenwagen und dutzende Trabant-Pkw vor Plattenbauten - Treffer bei der Bild-Suche zu den Begriffen DDR und Alltag. startpage.com

Harzgerode - „Der letzte Sonntag als Fräulein“ steht auf der Rückseite des kleinen Schwarz-Weiß-Bildes, darüber ein Datum: 24. Juni 1951. Es zeigt meine Oma als junge Frau, lachend, Arm in Arm mit ihrer Tante.

Sechs Tage nachdem das Foto aufgenommen wurde, heiratete sie meinen Opa. Meine Oma stammte aus einer Region im Nordosten der heutigen Slowakei. Der Zweite Weltkrieg nahm ihr die Heimat. So kam sie nach Neundorf bei Staßfurt, wo mein Opa aufgewachsen war.

Neun Jahre nach der Hochzeit wurde meine Mama geboren. Als sie meinem Papa mit 25 Jahren das Jawort gab, war ich bereits unterwegs. Das sieht man aber nicht auf den Fotos, die im und vor dem Rathaus Harzgerode entstanden, der Stadt, in der meine Mama zu Hause war.

Schneider und Fotografin haben ganze Arbeit geleistet. Nur auf einem zeichne ich mich deutlich ab. Es ist das erste Bild, das mich - wenn auch indirekt - in der Stadt meiner Kindheit zeigt. Die ersten anderthalb Jahre meines Lebens verbrachte ich dort. Wir lebten bei meinen Großeltern; später war ich an den Wochenenden da, in den Ferien, wann immer Zeit war.

Fotos erzählen Geschichten - welche Geschichten können Sie uns erzählen?

Bilder sind Erinnerung. Sie erzählen Geschichte und Geschichten. Meine. Die meiner Familie. Und auch Ihre. Die Ihrer Familie. In unserer Adventsserie soll es genau darum gehen. Kommt er zwischen Einkaufsstress und Weihnachtsfeiern auch manchmal gar hektisch daher, ist der Advent doch eine Zeit des In-sich-Gehens, des Sich-Besinnens, des Sich-Erinnerns.

Vom 1. bis 24. Dezember wollen wir täglich Geschichte(n) erzählen. Geschichten hinter den Fotos, die Ihnen etwas bedeuten. Vielleicht steht Ihr Bild auf Ihrem Schreibtisch oder hängt bei Ihnen an der Wand?

Möglicherweise tragen Sie es täglich im Portemonnaie mit sich herum oder unter der Haut – als Tattoo? Ganz egal, wo Sie es in Ehren halten und warum, ob das Foto ein Jahr alt ist, zehn oder hundert: Erzählen Sie uns, was es für Sie so besonders macht.

Es gibt sie, die Besonderen unter den Vielen. Hunderte, ach was, Tausende Fotos habe ich auf verschiedenen Festplatten und Sticks gespeichert; hin und wieder klicke ich mich durch einige Ordner durch - meist, weil ich gerade etwas anderes suche. Nur selten habe ich mich gezielt an den Computer gesetzt, die digitalen Bilder anzuschauen.

Früher gab es Fotoalben, heute wird digital festgehalten, was im Alltag passiert

Seit Jahren nehme ich mir vor, die Schönsten als Abzüge zu bestellen. Ein einziges meiner Fotos hat es an die Wand geschafft. Ein paar mehr sind in Fotobüchern gelandet; und die vom Urlaub vor zehn Jahren liegen neben Eintrittskarten, einem Reisetagebuch und Flugtickets immer noch in einer Box, eigentlich bereit für ihren großen Albumauftritt. Der große Rest fristet ein eher trauriges Datenträgerdasein.

Vielleicht liegt es an der Masse. Die Technik macht’s möglich, dass wir nahezu jede Sekunde des Tages festhalten könnten, wenn wir denn wollten: wo wir gerade sind - und mit wem, was wir machen, essen, trinken ... Ich nehme mich da nicht aus. Ich habe auch schon mein Mittagessen fotografiert, das Feierabendbier, ein Schild, das ich witzig fand ...

Das sind Dinge, die mich in jenem Moment begeistert, aber keinen großen Mehrwert haben, die mich in 30 Jahren vermutlich nicht so faszinieren werden, wie das, was meine Eltern und Großeltern fotografiert haben, als es noch Kameras mit Film gab. Und als die Filmlänge auf maximal 36 Bilder begrenzt war, man warten musste, bis die Aufnahmen entwickelt waren, man am Ende aber etwas in der Hand hatte.

Ich mag da etwas altmodisch sein, aber Klicken und Scrollen ersetzen das haptische Erlebnis nicht. Ich möchte in Kisten kramen und Alben blättern, ich muss das Papier zwischen den Fingern spüren, das macht die Erinnerungen noch viel lebendiger:

Rufen Sie uns an oder senden Sie eine E-Mail, wenn sie mitmachen wollen

Erinnerungen an eine Zeit, für die ich unfassbar dankbar bin, an Menschen, die mich geprägt haben und prägen, an die Winter, in denen wir Schneemänner und Iglus gebaut haben, die Fahrten mit der Selketalbahn, die ersten Harzwanderungen, die Enttäuschung, als mein kleinkindliches Ich feststellen musste, dass die Burg Anhalt nurmehr noch „ein paar Steine“ sind, die Koch- und Backkünste meiner Oma, an die meine niemals heranreichen werden, und die tatkräftige Unterstützung meines Opas bei meinen Hausaufgaben. Keiner konnte so schöne Aufsätze schreiben ...

Wollen Sie mitmachen, Teil unserer Adventsserie sein? Dann melden Sie sich bitte - per E-Mail an [email protected], Stichwort: Adventsserie, oder telefonisch unter 03946 /524 661 03. (mz)