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Alter Wasserturm wird jetzt Wohnung

Von Andreas Bürkner 20.06.2006, 14:32

Thale/MZ. - Jahrelang hatte er das Wasser gespeichert, das für Dampflokomotiven, aber auch einige Anlagen der Bahn und deren Mitarbeiter benötigt wurde. Über eine Pumpstation, die sich auf dem Bahnhofsgelände befand, wurde der im Inneren des Turmes befindliche riesige Speicher gefüllt und in Belastungszeiten genutzt. Um den Behälter herum führte eine Wendeltreppe bis in die Spitze des Turmes. Dieser wurde vermutlich 1882 errichtet, also zwanzig Jahre nach dem Bahnanschluss von Thale. Im Jahr 1882 wurde unter der Nummer 25 / 3 die Baugenehmigung durch das Königliche Eisenbahn-Betriebsamt erteilt. Was manche nicht wissen: Der Turm selbst stand bis in die fünfziger Jahre auf firmeneigenem Gelände, denn der Park vor dem Bahnhof gehörte bis dahin der Deutschen Reichsbahn. Erst dann wurde er von der Stadt übernommen.

"Der Wasserturm blieb aber bis Anfang der Siebziger noch in Betrieb. Erst dann erfolgte die Wasserversorgung über den größten Betrieb der Stadt, nachdem Bahn und Hütte über eine Flächenabgabe einen Deal mit der Wasserlieferung gemacht hatten", weiß der langjährige Thalenser Eisenbahner und nun in Rente, Walter Stollberg. Als der Turm nicht mehr benötigt wurde, verfiel er zusehends. Zu Wendezeiten ging er in Besitz einer Familie Dietel über, aber als nichts passierte, holte sich die Stadt das Objekt zurück. Nun gibt es mit Marianne Schabert eine neue Besitzerin, die sich den Wasserturm wohnlich einrichten will. Am deutlichsten wurde der Verfall am Dach: Einige morsche Holzreste am Fuße der Baustelle waren das Einzige, was von der früheren Abdeckung blieb.

Wieso sie gerade auf den Turm gekommen sei? "Das ist ein interessantes und ungewöhnliches Objekt", quillt es aus der rüstigen Rentnerin spontan heraus. Mit einem Quedlinburger Architekten hat sie die Pläne für den Umbau erstellt, wobei der unter Denkmalschutz stehende Bau manche Einschränkung fordere. Das sei die eine Seite. "Richtige Unterstützung von der Behörde habe ich aber nie bekommen", bedauert sie. Nach Aussage der Besitzerin soll sich künftig im oberen Geschoss der Wohnraum befinden, darunter die Küche. Unter dem Eingangsbereich in Parterre liegt noch ein vier Meter zwanzig tiefer Keller, der ausgebaut werden soll. Während der Turm früher selbst Wasser spendete, musste nun neben Strom und Gas auch eine neue Wasserversorgung eingerichtet werden. "Wenn alles nach Plan läuft, kann ich im nächsten Jahr einziehen", zeigt sich Frau Scharbert optimistisch. Das "Wohnen im Grünen" mitten in der Stadt wird sie für den Aufwand entschädigen. Bis dahin ist sie neben der Bautätigkeit dabei, Informationen aus der Geschichte ihres neuen Zuhauses zu sammeln. Die Hoffnungen, dass es noch Zeugen von der Bahn oder in der Stadt gibt, hat sie nicht aufgegeben.