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30 Jahre MZ  30 Jahre MZ : Herbert Hanke: "Fahrschule ist mein Leben"

Von Petra Korn 10.06.2020, 13:56
Herbert Hanke eröffnete nach der Wende die erste private Fahrschule in Quedlinburg - und betreibt sie bis heute.
Herbert Hanke eröffnete nach der Wende die erste private Fahrschule in Quedlinburg - und betreibt sie bis heute. Dominique Leppin

Quedlinburg - Im Mai hätte Herbert Hanke Grund zu feiern gehabt: 30 Jahre besteht seine Fahrschule inzwischen. Doch just zum Jubiläum war der Quedlinburger wie viele andere wegen der Corona-Pandemie zur Untätigkeit verdammt. „Wir durften nicht fahren, wir durften nicht unterrichten“, sagt der 69-Jährige.

Sieben Wochen lang habe er mit seinem Unternehmen kein Geld verdienen können, „man hat uns vollkommen vergessen“. Inzwischen aber ist er wieder mit seinen Fahrschülern unterwegs und macht das, was er am liebsten tut: Fahrlehrer sein.

Seit 48 Jahren im Beruf -  mit Meisterbrief und Studium

Das ist er am 30. Juni schon seit 48 Jahren. Bereits zu DDR-Zeiten hat er in allen Fahrschulklassen geschult. Zunächst hatte Herbert Hanke beim damaligen Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL) Traktor- und Landmaschinenschlosser gelernt. Im Betrieb arbeitend, machte er seinen Meister und studierte dreieinhalb Jahre Pädagogik und Psychologie, um als Fahrlehrer arbeiten zu können.

Am 30. Juni 1972 war es dann soweit: Herbert Hanke, der selbst seit seinem 15. Lebensjahr Zweirad fuhr und 1966 den Autoführerschein gemacht hatte, begann andere auszubilden. Er schulte zunächst Lehrlinge für die Landwirtschaft und Industrie; dafür standen als Fahrschulfahrzeuge ein Traktor „Ifa Pionier“ und ein „H3A“, ein Dreieinhalbtonner-Lkw, zur Verfügung.

Später kamen Pkw - der erste war ein F8 - und Moped sowie Motorrad hinzu. Moped, sagt Herbert Hanke, durfte man im Alter ab 15 Jahren fahren, Traktor und Lkw ab 16. „Eine gute Sache. Die Fahrschüler wachsen da hinein“, erklärt der Fahrlehrer und bricht eine Lanze für einen frühen Roller- oder Moped-Führerschein auch heute. „Schüler, die den haben, brauchen fast nur die Hälfte der Fahrstunden für den Autoführerschein, weil das technische Interesse da ist.“

Erst keine Selbständigkeit: „Das ging nicht. Es hieß: kein Bedarf“

Weiter beim KfL arbeitend, hatte sich Herbert Hanke schon lange vor der Wende selbstständig machen wollen. „Das ging nicht. Es hieß: kein Bedarf.“ Und das bei jahrelanger Wartezeit auf einen Lehrgang, sagt er und schüttelt noch heute darüber den Kopf. Nach der Wende habe er sofort einen Antrag auf Privatisierung gestellt - und die erste private Fahrschule in Quedlinburg eröffnet, wie die Mitteldeutsche Zeitung, die es inzwischen auch 30 Jahre gibt, damals berichtete.

Zugute kam ihm, dass er ein eigenes Grundstück in der Pölle hatte, in dem es einen Schulungsraum gab, der vermietet war. „Ich habe schnurstracks alles umgebaut.“ Auch den zur Verfügung stehenden Trabi baute Herbert Hanke selbst um; er wurde das erste Fahrschulfahrzeug, ein Golf - den hatte er, weil er zu DDR-Zeiten auch Schallplattenunterhalter war - folgte schnell als zweites.

3.000 Anmeldungen in den ersten Wochen

In der ersten Woche seiner neuen privaten Fahrschule habe es 3.000 Anmeldungen gegeben. „Schlange standen sie, in der ganzen Pölle.“ Wegen der großen Nachfrage habe er gleich im ersten Jahr noch fünf Fahrlehrer eingestellt und weitere Fahrzeuge angeschafft.

Vor allem, weil viele durch die Armee einen Fahrlehrerschein gehabt hätten, seien dann die Fahrschulen wie „Pilze aus dem Boden“ geschossen. „Es gab überall Fahrschulen. Doch der Bedarf war da, und auch das Geld war nach der Wende noch da.“

Fahrschulen an den Durchfallquoten gemessen

Nach sechs, sieben Jahren habe sich der Ansturm normalisiert, die Fahrschulen wurden stärker an ihrer Durchfallquote gemessen. Um Schüler zum Erfolg zu bringen, „dazu man Lust und Liebe haben, mit Menschen umgehen können“, sagt Herbert Hanke. Durch Meisterschule wie Studium könne er sich gut in die Fahrschüler hineinversetzen. „Zaubern konnte ich nicht.“ Sein Ziel sei aber bis heute: „Meine Schüler sollen ihre Prüfungen beim ersten Mal bestehen.“ Weshalb auch er entscheide, wann sie diese machen. „Wir wissen, was verlangt wird.“

Heute berühmte Schauspielerin war seine Schülerin

Zu seinen Sternstunden zählt Herbert Hanke, dass Schauspielerin Cosma Shiva Hagen, die Tochter von Nina Hagen, Sängerin und „Diva des Punk“, bei ihm das Autofahren lernte. Sie war gerade zu Dreharbeiten in Quedlinburg - und nutzte die Zeit auch, um ihren Führerschein fürs Auto zu machen - mit Erfolg.

Noch heute bietet Herbert Hanke Fahrschulunterricht für fast alle Klassen an - bis hin zum Lkw, wofür er mit dem Bildungszentrum Alexander Weber aus Hettstedt zusammenarbeitet. „Beim Pkw“, sagt er, „geht der Trend zum Automatik sowohl bei den jüngeren Fahrschülern als auch bei den älteren.“ Diese Autos seien leichter zu bedienen, die Konzentration auf den Fahrzeugverkehr so gerade bei Fahranfängern größer.

Die stellen heute den größten Anteil unter seinen Schülern; viele nutzen die Möglichkeit des begleiteten Fahrens. Doch auch Senioren, die lange nicht gefahren seien, nutzen Unterricht zur Auffrischung. Wieder andere lassen sich umschulen auf ein Automatik-Fahrzeug, sagt Herbert Hanke.

In die Selbstständigkeit gegangen zu sein, habe er nie bereut. Und auch ans Aufhören denkt er nicht. „Ich fühle mich noch jung und aktiv“, sagt er. Er habe seine Familie, ein Grundstück, auf dem immer etwas zu tun sei, und sei auch sehr ein großer Hundefreund. „Aber Fahrschule ist mein Leben.“ (mz)