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16. Juli im Bergtheater 16. Juli im Bergtheater: Zwischen Euphorie und Absturz

Von UWE KRAUS 08.07.2009, 17:23

THALE/MZ. - Susanne Bachmann schuf dazu eine zweckmäßige und durchaus farbige Bühne mit einigen Effekten, aber auch stimmige Kostüme der goldenen Operetten-Ära.

Stoff aus Klatsch-Postillen

Die Handlung ist aus dem Stoff gewoben, aus dem heute die Geschichten der Klatsch-Postillen sind. Reiche und Schöne verlustieren sich und verprassen Geld, das ihnen eigentlich nicht (mehr) gehört. Das scheint beim Börsencrash von 1873 nicht anders gelaufen zu sein als heute: Skandale, Lügen und Maskeraden. Champagner-selig singen alle als Beitrag zum Verdrängen und Vergessen "Glücklich ist, wer vergisst, was nicht zu ändern ist". Rosalinde macht mit Tenor Alfred rum, Hausherr von Eisenstein steht vor dem Antritt einer Haftstrafe und das Hausmädchen vor dem großen Sprung nach oben. Freilichtbühne frei für einen Katastrophen-Mix!

Das bunte Intrigenspiel um Sehnsucht und Eifersucht ist mit darstellerisch wie sängerisch sehr präsenten Künstlern gesegnet. Bettina Pierags gibt spielsicher und durchaus mit Timbre und hörenswerten Parlando-Passagen eine Rosalinde Eisenstein, die auch als pusztaschluchzende Gräfin mit ihren stimmlichen Reizen nicht geizt. Schließlich luchst sie ihrem Mann eine Taschenuhr als Beweismittel für dessen Untreue ab. So ganz chancenlos scheint sie auch bei Alfred nicht zu sein: Xiaotong Han schlüpft in die Rolle des Schmachttenors, der fälschlicherweise als Eisenstein-Ersatz ins Gefängnis geht.

Marie Friederike Schöder verabschiedet sich vergnügt als vom Stubenmädchen zur Salonlöwin aufgestiegene Adele vom Publikum mit passablen Koloraturen und großer Spielfreude Richtung Halle. Sie bezirzt ihren Arbeitgeber und seine schein-feine Gesellschaft, ein Kabinettstück. Die Spaßgesellschaft amüsiert sich beim gelangweilten Prinzen. Hörenswert die Wiederbegegnung mit Angelika Kirchhof als innerlich abgelöschter Orlowsky, die bereits in der Kuppich-Inszenierung ihren Part souverän meisterte. Thomas Rettensteiner sprang in der Premiere kurzfristig als Notar Dr. Falk für Juha Koskela ein und machte seinem Namen alle Ehre. Er spinnt die Intrigenfäden, die das Publikum unterhalten. Den Lebemann Eisenstein vermag Tobias Amadeus Schöner glaubwürdig als leichtlebigen Frauenhelden darzustellen. Er überzeugt als Schwerenöter sowohl durch schauspielerische Leistung als auch durch Stimmsicherheit.

Frosch mit Seitenhieben

Die französische Konversation, die Eisenstein als Marquis Renard mit dem Chevalier Chagrin, dem Gefängnisdirektor Frank (Gijs Nijkamp) führt, bringt den Sprachunkundigen in Verlegenheit, erhöht aber den Schmunzel-Faktor. Die meisten Lacher fabriziert natürlich Norbert Zilz als Gefängnis-Aufseher Frosch, der mit Seitenhieben aufs Leben und die Politik gefiel und natürlich wunderbar angesäuselt extemporiert.

Die Walzerseligkeit auf der Bühne und im Orchestergraben perlt frisch. Zur leichten Sommerabend-Kost trägt der spielfreudige, gut studierte Chor von Marbod Kaiser ebenso bei wie das sensibel begleitende Orchester unter Johannes Rieger, dem ein Hauch Wiener Schmäh durchaus wohltut. Schade nur, dass die Inszenierung auf das für so ein Stück eigentlich unabdingbare Ballettensemble verzichtet...

"Die Fledermaus" wieder am 16. Juli um 15 Uhr im Harzer Bergtheater Thale, Karten unter Tel. 03947 / 23 24 und

03946 / 96 22 22