Wenzelspreis geht an 298 Roßbacher
NAUMBURG. - Das ist absolut einmalig in der langen Tradition der Wenzelspreisverleihungen: Erstmals hat sich die Jury dafür ausgesprochen, ein ganzes Dorf auszuzeichnen, und zwar das Weindorf Roßbach. Die 298 Menschen, die in diesem Naumburger Ortsteil leben und wirken, haben den Wenzelspreis in mehrfacher Hinsicht verdient, davon ist die Jury des Naumburger Tageblatt / MZ überzeugt. Und das hat zahlreiche Gründe, aber hauptsächlich einen: Hier spielen friedliche Nachbarschaft, gegenseitige Unterstützung und Respekt eine zentrale Rolle.
Alle ziehen an einem Strang
Das trifft in zahlreichen Bereichen und bei den unterschiedlichsten Anlässen zu. Am deutlichsten war der dörfliche Zusammenhalt zu spüren, als der Ort vor wenigen Jahren am Dorfwettbewerb teilgenommen hatte. Die Roßbacher nahmen für diesen Anlass geschlossen vor ihrer Kirche Aufstellung, um der Konkurrenz und vor allem der Jury zu zeigen: Seht her, das sind wir, und wir alle ziehen an einem Strang. Zwar wurden die Roßbacher nicht Landessieger und auch auf europäischer Ebene hat es nicht zu einem ersten Platz gereicht, aber gejubelt wurde trotzdem, als im holländischen Koduom die Begründung der Jury verlesen wurde: "Roßbach überzeugt mehrfach. Insbesondere mit der sehr vorausblickenden Leistung der Schaffung und Erhaltung von standortgemäßen Arbeitsplätzen mit Gewerbe- und Handwerksbetrieben, denen ein professioneller Unternehmergeist zugrunde liegt." Überzeugt von den Innovationen im Weindorf war Jurymitglied Angelika Diesenreiter (Österreich). "Für mich ist Roßbach der Sieger des Europäischen Dorfwettbewerbs 2008", sagte sie damals.
Denkmal wird nun restauriert
Für die Wenzelspreisverleihung werden andere Qualitäten in den Vordergrund gestellt wie soziales Miteinander und vor allem ehrenamtliches Engagement, und das findet man in Roßbach überall. Zum Beispiel als im Januar das Hochwasser den Ort bedrohte, waren die Mannen der Freiwillen Feuerwehr unter Leitung von Jürgen Spielberg, gleichzeitig Ortsbürgermeister, Tag und Nacht auf den Beinen, um Sandsäcke vor den gefährdeten Grundstücken aufzuschichten. Spielberg ist es auch, der das jüngste Vorhaben angestoßen hat. Das Gefallenendenkmal soll umfassend restauriert werden, und das kostet eine Stange Geld. Dafür wird in diesen Tagen gesammelt. Die Aktiven im Ort wie beispielsweise Margret Bruder, Uli Rothe, Lutz Schlag und Gerd Tetzlaff - nicht zu vergessen Spielberg - nehmen die anderen mit, die aus den unterschiedlichten Gründen nicht an vorderster Front stehen können. An uralten Traditionen halten die Roßbacher fest, so am Flurzug, der aller fünf Jahre stattfindet. Am 28. Mai wird die Dorfgemeinschaft durch die Flur um Roßbach ziehen. Die Kirmesgesellschaft um dessen Vorsitzenden Tetzlaff kümmert sich alljährlich um die Vorbereitungen zum Erntedankfest, das wie zur Weinmeile viele Gäste von außerhalb anzieht. In wochenlanger Feierabendarbeit wird eine große Erntekrone geflochten. Die Frauen des Ortes veranstalten regelmäßig Kinderfeste.
Angerländer helfen sich genseitig
Gegenseitige Hilfe leisten sich auch die Angerländer - ältere Einwohner, die die so genannte Angergrundstücke bewirtschaften. In friedlichem Miteinander werden die Flächen bestellt und abgeerntet, Geräte leiht man sich gegenseitig aus. Kommentar Seite 8