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Statt Recht herrschte Unrecht

Von ALBRECHT GÜNTHER 23.10.2009, 18:08

NAUMBURG. - Im Kurs erörterten die Schüler zunächst Inhalte der Exposition, machten sich danach mit ihrer Gestaltung vertraut. Das Projekt, so hatte OLG-Präsident Winfried Schubert zur Eröffnung der Ausstellung am Mittwoch unterstrichen, gehört zum umfangreichen Begleitprogramm. Bis zum 16. Dezember finden darin 13 Veranstaltungen statt. Sie reichen von Vorträgen und einer Aufführung des Stückes "Unkraut vergeht nicht" durch das Theater der Altmark Stendal über Filmvorführungen im Naumburger Cineplex-Kino bis hin zu einer Tagung des Gemeinderates im Oberlandesgericht. Die Stadträte werden am 2. Dezember die Ausstellung besuchen. Bereits am kommenden Mittwoch laden die Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg sowie des Bundes der Richter und Staatsanwälte des Landes Sachsen-Anhalt zu zwei Fachvorträgen ein. Ab 10 Uhr spricht Prof. Dr. Hinrich Rüping aus Hannover über "Strafjustiz im Führerstaat zwischen Anpassung und Selbstanpassung". Dem Themenkreis Strafrecht und Steuerrecht ist der zweite, um 14 Uhr beginnende Vortrag gewidmet. Dabei wird Rüping auch auf die von den Nationalsozialisten geprägte Rechtsauffassung von der Volksgemeinschaft eingehen. Mit ihr, so hoben die Redner während der Veranstaltung zur Ausstellungseröffnung in der Marienkirche am Dom ebenso hervor, war von den Nationalsozialisten bereits kurz nach deren Machtübernahme 1933 das rechtsstaatliche System ausgehebelt worden. Andererseits waren im Oktober 1933 in Leipzig über 10 000 Mitglieder des Deutschen Richterbundes bereit gewesen, ihre Treue zu Adolf Hitler zu schwören. "Damit wurde nunmehr nicht Recht, sondern Unrecht gesprochen", sagte Landrat Harri Reiche. Die Ausstellung dokumentiere das am Wirken der Täter und durch die Schicksale der Opfer auf eindrucksvolle Weise.

Justizministerin Angela Kolb würdigte, dass es der am Oberlandesgericht tätigen und von Richter Günter Handke geleiteten Arbeitsgruppe gelungen sei, den regionalen Bezug zur Tätigkeit des Oberlandesgerichts Naumburg in der Zeit von 1933 bis 1945 tiefgründig darzustellen. Die Ministerin wünschte der Schau, die an ihrem letzten Standort im Landgericht Stendal von 3 000 Besuchern besichtigt worden war, auch in Naumburg eine möglichst breite öffentliche Aufmerksamkeit. Ähnlich äußerte sich Landtagspräsident Dieter Steinecke. "Die Auseinandersetzung mit der Justiz in Sachsen-Anhalt in dieser Zeit war bislang ein weißer Fleck in der Geschichtsschreibung, der mit der Ausstellung nun ausgefüllt wird", sagte Steinecke. Allerdings gelte es, "diese Auseinandersetzung mit der Geschichte immer wieder neu zu führen, um das hohe Gut des Rechtsstaates mit seinen Grundrechten zu verteidigen".