Gedenken an Tageblatt/MZ-Journalisten Stadtbummel mit Hadis - Hans-Dieter Speck wäre heute 85 Jahre alt geworden
Hans-Dieter Speck, ein Urgestein des Journalismus in Naumburg und Autor heimatgeschichtlicher Bücher, wäre am heutigen 4. April 85 Jahre alt geworden. Eine Erinnerung an den beliebten Journalisten.

Naumburg - „Die Sonne schien ausnahmsweise ein paar Stunden, von der Straße der Jugend klingelte die Straßenbahn herauf, und im Holundergestrüpp unter dem ,Lug ins Land‘ zankte sich ein halbes Dutzend Spatzen. Evelyn neben mir auf der Bank wippte kokett mit ihren Pantoletten. Ich aber stellte ganz sachlich fest, daß wir hier auf höchst historischem Boden säßen und erinnerte mich des Auftrages, für die Leser der ,Naumburger Kreiszeitung‘ einen Rundgang durch Naumburg zu unternehmen.“
Bekanntes Synonym
So beginnt Hans-Dieter Speck in den 1960er-Jahren mit einer 18-teiligen Zeitungsserie unter dem Titel „Evelyn und die alte Stadt“. Diese wöchentlich erscheinenden Artikel veröffentlichte er unter dem häufig verwendeten Pseudonym „Hadis“. Mit einer fiktiven Evelyn in der Artikelserie plaudert der junge Journalist und frönt dabei vor allem einer seiner besonderen Leidenschaften, der Heimatgeschichte.
Geboren wurde Hans-Dieter Speck am 4. April 1938 im sächsischen Zwickau, ein Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, in dem „der Vater bleiben sollte“. Mit seiner Mutter zog er zu den Großeltern, die seit Kurzem in Naumburg lebten. Florentina Speck wurde bald nach dem Kriegsende eine beliebte Berufsschullehrerin in der Domstadt, die Deutsch, Schreibmaschine und Stenografie lehrte. Ihr einziges Kind erwarb Mitte der 1950er-Jahre an der Erweiterten Oberschule „Erich Weinert“ das Abitur. Danach arbeitete Hans-Dieter Speck vorerst in den Leuna-Werken und später für kurze Zeit als Hygiene-Inspektor in Naumburg.
Traum vom Reporter
Im Herzen schlummerte aber eine innige Neigung zum Journalismus. Bald veröffentlichte er kleinere und größere Artikel in regionalen Zeitungen und Zeitschriften, so für die seit 1961 wöchentlich erscheinende Naumburger Kreiszeitung (NZ: Heimatzeitung für Stadt und Land) oder die Liberal-Demokratische Zeitung (LDZ), die Tageszeitung der Liberaldemokratischen Partei (LDPD). Das in den Bezirken Halle und Magdeburg erscheinende Blatt mit unterschiedlichen Regionalteilen wurde schließlich für Jahrzehnte seine journalistische Heimat. Der Traum vom Reporter war in Erfüllung gegangen. Auch für die beliebte Neue Berliner Illustrierte (NBI) sowie für die Leipziger Abendzeitung schrieb und fotografierte Hans-Dieter Speck recht häufig. In den 1970er-Jahren absolvierte er ein Fernstudium an der Karl-Marx-Universität in Leipzig, dass er als Diplom-Journalist abschloss. Die Zeitungsartikel mussten damals noch in die Schreibmaschine getippt werden. Es folgte die Korrektur mit genormten Korrekturzeichen, und so manche Zeile wurde danach mit der Schere zusammengeschnippelt und wieder neu aufgeklebt. Ähnlich aufwendig verliefen auch die Fotoarbeiten. Zwar hatten die Tageszeitungen zumeist fest angestellte Fotoreporter, aber einige Journalisten, so auch Speck, fotografierten und entwickelten die Filme selbst, natürlich noch in Schwarz-Weiß.
Aufwendige Filmentwicklung
Viele Jahre führte er diese Prozedur in einer Abstellkammer seines eigenen Hauses durch, die als Dunkelkammer eingerichtet war – „Homeoffice“ in der DDR. Der belichtete Film musste hier entwickelt, fixiert, gewässert und getrocknet werden. Die Negativfilme kamen nun in ein Vergrößerungsgerät, mit dem das Fotopapier belichtet wurde. Es folgte wiederum ein Entwicklungsprozess mit Fixierung, Wässerung, Trocknung und Schnitt der Papierabzüge. Oft folgte noch eine Retusche mit der Hand, das Fotoformat für die Veröffentlichung wurde ausgewählt, vermessen und angezeichnet. Dann ging’s mit den Abzügen in die Redaktion nach Naumburg oder häufig mit einem Bahnpostbrief ab zur Druckerei. Die LDZ entstand vorerst noch in der Elbe-Saale-Druckerei in Naumburg und später in Halle. Die LDZ-Lokalausgabe Naumburg wurde nach der Wende das Naumburger Tageblatt, das 1996 mit der regionalen Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) unter dem Namen Naumburger Tagblatt/Mitteldeutsche Zeitung vereint wurde. Hans-Dieter Speck arbeitete jetzt als stellvertretender Redaktionsleiter des Blattes für das Ausgabengebiet Naumburg und Nebra. Nicht nur die Zeiten hatten sich geändert. Die Elektronik mit PC und Digitalfotografie zog nun in die Redaktionsstuben ein.
Speck, der sich im außergewöhnlichen Maße mit der Geschichte und Kultur seiner Region auskannte, galt vielen seiner Leser als der „Naumburger“ schlechthin, wohnte aber im benachbarten Weißenfels, wo er auch häufig für die Regionalausgabe der MZ tätig war. In Naumburg blieb er seit den „Penne-Zeiten“ besonders mit vielen, oft gleichaltrigen Naumburgern verbunden, die sich sehr häufig in der „Zillestube“ trafen. Sein Spitzname in diesem Kreis war „Bacon“ (Speck). Er engagierte und interessierte sich für das Naumburger Kirschfest, regionale Gaststätten und Bier ebenso wie für das Winzerfest in Freyburg und den Wein an Saale und Unstrut.
Sehnsuchtsort Kenia
Die große Zuneigung zur Region an Saale, Unstrut und Weißer Elster schlug sich auch in verschiedenen Büchern nieder, für die er als Text- und Fotoautor tätig wurde. Sein Buch „Unstruttal“ mit Fotos von Christian Kupfer erschien als Erstauflage 1982 bei Brockhaus in Leipzig und erreichte zahlreiche Nachauflagen. Für das Werk von Jochen Gericke „Burg Saaleck und die Rudelsburg“, herausgegeben von den Museen der Stadt Bad Kösen, schoss Speck 1984 die Fotos. Sein Credo „Geschichte und Geschichten“ findet sich besonders im Büchlein „Ein Schock Groschen für den Henker: Alt-Naumburger Pitaval“ (1989) wieder, das schnell vergriffen war. An der Seite des Autors dieser Zeilen war er an dem Buch „Naumburg A/S. Die Stadt auf historischen Fotografien“ beteiligt, das 2003 erschien. Beliebt wurde schließlich auch seine Veröffentlichung in der Verlagsreihe der Leipziger Verlagsgesellschaft „Als die Schornsteine noch rauchten“ mit Fotodokumenten zwischen 1945 und 1989 aus Naumburg, die 2005 veröffentlicht wurde. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre war Hans-Dieter Speck ein „Winterflüchter“ geworden und zog sich, sofern möglich, zwischen Dezember und März nach Kenia zurück, wo er ein kleines Häuschen erworben hatte. Seine Liebe zum afrikanischen Kontinent spiegelte sich in verschieden Artikeln und Vorträgen wider.
Zuletzt beim Märchenumzug
Nach dem offiziellen Ende seiner Tätigkeit beim Naumburger Tageblatt/MZ folgte aber nicht das berufliche. Seiner Zeitung blieb Speck weiter schreibend und fotografierend verbunden. Noch am Wochenende vor seinem plötzlichen Tod am 14. Dezember 2015 in Weißenfels war er in Bad Bibra mit Notizblock und Fotoapparat unterwegs gewesen, um über den Märchenumzug zu berichten. Hans-Dieter Speck erfreute sich bei Jung und Alt großer Wertschätzung und Beliebtheit. Er bleibt als feinsinniger Beobachter, Erzähler und durch seine Warmherzigkeit in Erinnerung.