1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Naumburg
  6. >
  7. Angekommen, um aktiv zu sein: Schockverliebt in Uta - Warum es ein Künstler aus Hessen nach Naumburg verschlägt

Angekommen, um aktiv zu sein Schockverliebt in Uta - Warum es ein Künstler aus Hessen nach Naumburg verschlägt

Der gebürtige Münsterländer Norbert Kottmann zog im vergangenen Sommer von Groß-Umstadt nach Naumburg. Er ist Künstler und ehemaliger Kunstlehrer und will sich fortan im kulturellen Leben der Domstadt aktiv einbringen. Ein Besuch im Haus und Atelier.

Von Constanze Matthes 22.02.2025, 04:00
Der Künstler Norbert Kottmann in seinem Atelier in der Wiesenstraße in Naumburg. Seit Sommer lebt er mit seiner Frau in der Domstadt.
Der Künstler Norbert Kottmann in seinem Atelier in der Wiesenstraße in Naumburg. Seit Sommer lebt er mit seiner Frau in der Domstadt. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Ein wenig versteckt liegend ist es ein Idyll im Naumburger Bahnhofsviertel: Im Haus in der Wiesenstraße mit der Nummer 15 lebte und arbeitete der Maler, Grafiker und Keramiker Klaus Sängerlaub. Mit dessen Auszug bleibt der kreative Geist dem Anwesen indes erhalten.

Seit vergangenem Sommer wohnt hier der Künstler Norbert Kottmann mit seiner Frau Petra Wilhelms. „Wir haben die Immobilienanzeige im Internet gesehen und schließlich das Haus gekauft“, erzählt der 63-jährige gebürtige Münsterländer. Mehrere Jahre drückten sich die Handwerker die Klinke in die Hand. „Das DDR-Grau der Fassade habe ich unter Denkmalschutz gestellt“, so Kottmann. Sängerlaubs Spuren sind noch immer allgegenwärtig: Im lauschigen Garten stehen seine Keramiken, in einem Schrank im Atelier findet sich in die Jahre gekommener Künstlerbedarf wie Farben und Firnis.

Von der Uta angezogen

Die erste prägende Begegnung mit Naumburg hatte Kottmann vor 40 Jahren mit dem Bild einer berühmten Frau: Uta. „Ich war schockverliebt“, sagt er und beschreibt sein recht zwiespältiges Gefühl zwischen Respekt und Scham aufgrund einer gewissen Sentimentalität heraus. „Ich bin dem Mythos Naumburg gefolgt, aber ich mag generell den Osten, seine Kulturgeschichte, seine Dichte an historischen Stätten. Es ist eine spannende Gegend“, sagt Kottmann.

Doch auch die beiden Töchter und die fünf Enkel seiner Frau aus erster Ehe, die in den neuen Bundesländern leben, waren Grund, den Lebensmittelpunkt aus dem südhessischen Groß-Umstadt an die Saale zu verlagern, wenngleich auch andere Städte wie Grimma, Döbeln und Altenburg in Sachsen und Thüringen zur Auswahl standen. Letztlich fiel die Entscheidung auf die Domstadt. Geboren wurde der Künstler und Kunstlehrer 1961 in Vreden. Er wuchs auf einem Bauernhof auf, studierte Kommunikation-Design und Freie Kunst in einer Stadt, mit der Naumburg ein besonderes Verhältnis pflegt: in Aachen. Ein Studienaufenthalt führte ihn Mitte der 90er-Jahre nach New York. Mehrere Stipendien wurden ihm verliehen, so das Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes.

Ich bin dem Mythos Naumburg gefolgt, aber ich mag generell den Osten.

Norbert Kottmann, Künstler und Neu-Naumburger

Seine Werke waren im In- und Ausland in Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen – unter anderem in Berlin und Düsseldorf, in Wien und Amsterdam. Norbert Kottmann arbeitet vorrangig mit Fotografien, die er auf unterschiedliche Weise bearbeitet – am Computer oder auch per Hand mit Farben. Eine Aufnahme eines Pressefotografen, die im Sudan während einer UN-Mission entstanden ist, hat er in der Art der niederländischen Meister verfremdet. In seiner Reihe „Paare“ treffen Led-Zeppelin-Frontmann Roger Plant und Sängerin Sinéad O’ Connor, aber auch Stifterfigur Uta auf Theoderich von Chartres. „Ich glaube, sie sind das schönere Paar“, bemerkt Kottmann respektvoll.

Blick vom  Garten auf die Rückseite des  Hauses in der Wiesenstraße 15, in dem zuvor der Künstler Klaus Sängerlaub lebte und arbeitete.
Blick vom Garten auf die Rückseite des Hauses in der Wiesenstraße 15, in dem zuvor der Künstler Klaus Sängerlaub lebte und arbeitete.
(Foto: Torsten Biel)

Beide „Paare“ finden sich neben anderen Fotografien sowie Texten in dem jüngst erschienenen Band „Unfern Hauslabjoch“, den der Künstler herausgegeben hat. In Groß-Umstadt war er einige Jahre als Kunstlehrer am dortigen Max-Planck-Gymnasium tätig. Nunmehr ist er im Ruhestand und hat Zeit und auch das Interesse, sich in das Kunst- und Kulturleben Naumburgs einzubringen. „Ich bin schon mittendrin und wurde gut aufgenommen“, sagt der Neu-Naumburger. Mittlerweile engagiert sich Norbert Kottmann im hiesigen Kunstverein, der sich wiederbeleben will. In der vergangenen Woche fand im Café Engel in der Engelgasse ein Informationsabend statt, an dem rund 30 Personen teilnahmen.

Wären das wohl schönere Paar: Uta aus dem Naumburger Dom trifft auf Theoderich   von Chartres – ein Werk  aus der Reihe „Paare“.
Wären das wohl schönere Paar: Uta aus dem Naumburger Dom trifft auf Theoderich von Chartres – ein Werk aus der Reihe „Paare“.
(Foto: Torsten Biel)

Der Künstler kann dabei auf Erfahrungen aus seinem Engagement in Kunstvereinen in Aachen und Groß-Umstadt zurückgreifen. Geplant sei ein Neustart des Kunstvereins sowie zeitgenössische Kunstprojekte, Dokumentationen, Vorträge, Jahresgaben und so weiter. Ein großes Projekt zu Kunst im öffentlichen Raum in der Naumburger Altstadt zum Stadtjubiläum 2028 in Zusammenarbeit mit der Partnerstadt Aachen soll realisiert werden. Langfristiges Anliegen: ein eigenes Vereinsdomizil mit Ausstellungs- und Atelierräumen.

Durch Naumburg und den Dom: Will an neuem Lebensort Gäste führen

Die Idee eines sogenannten Kunsthauses war bereits während des europäischen Stimulart-Programms entstanden, an dem die Stadt in den Jahren 2019 bis 2022 teilgenommen hatte. Ein Höhepunkt war damals das Pop-Art-Festival, zu dem sich zahlreiche Künstler im früheren Kinder- und Jugendtreff „Freizi“ am Stephanplatz mit ihren Werken präsentierten.

Doch Norbert Kottmann wird sich noch in einer andere Rolle, an anderer Stelle einbringen. Er will künftig Gäste durch die Straßen der Stadt und durch das Welterbe, den Naumburger Dom, führen. Schon an seiner früheren Wirkungsstätte war er Gästeführer. Für die Aufgabe nunmehr am neuen Lebensort hat er sich zur Vorbereitung viel angelesen. Seine Bibliothek verfügt nicht nur über unzählige Kunstbände, sondern auch über Werke zu Naumburg.

Unter dem Titel „Unfern Hauslabjoch“ hat Norbert Kottmann einen Kunstkatalog veröffentlicht – als limitierte und signierte Vorzugsausgabe. Der Bildessay mit Texten stellt einen Querschnitt seiner Themen und Projekte dar und enthält Arbeiten mit Bezug zu Naumburg. Erhältlich ist der Band in der Gutenberg-Buchhandlung.