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Sakralbau Sakralbau: Südfassade in Kur

Von Roland Lüders 07.01.2016, 09:23
Handarbeit: die neue Linie „Werkstück“ der Winzergenossenschaft mit Weinen von den Flächen bei Weimar.
Handarbeit: die neue Linie „Werkstück“ der Winzergenossenschaft mit Weinen von den Flächen bei Weimar. Archiv/Speck

Da würde ich nicht mal Kartoffeln anbauen“, schimpfte noch vor Jahresfrist ein Winzer-Kollege über die Rebfläche des Prinzen zur Lippe nordöstlich von Weimar. Da hatte man beim Gault Millau schon beschlossen, dem Weinhaus zu Weimar, das die Weine von eben jenen Flächen vermarktete, eine erste Traube zu verleihen. Also was jetzt?

Kommende Grand Crus des Ostens

Als der sächsische Prinz beschloss oder gedrängt wurde, in Thüringen eine Zweigstelle zu eröffnen, hatte er zunächst Flächen um Camburg präferiert, die ähnlich vielversprechend waren, wie der Bünauer Berg, der sich zur Vorzeige-Lage des Weingutes Zahn entwickelt hat. Doch die Agrargenossenschaft in Camburg hatte sich den Verlockungen geadelter Flächen ebenso wenig geöffnet, wie sie den Anrufen aus der Erfurter Staatskanzlei Folge leistete.

So wurde es dann eben das Areal entlang der Bahnstrecke Apolda-Weimar. Die Weine wurden von der ersten Füllung an von so manchem Guru der Szene als die kommenden Grand Crus des Ostens avisiert. Wie man derlei motiviert wurde, bestenfalls durchschnittliche Weine so in den Himmel zu heben, das können nur die Beteiligten wissen. Die Weine wurden mit den Jahren besser und erhielten später zu Recht so manche Auszeichnung. Es ist noch heute ein absoluter Geheimtipp, das rote Cuvee aus dem letzten von Georg Prinz zur Lippe betreuten Jahrgang für unschlagbare 6,40 Euro zu probieren. Fand hier doch alles Eingang, was das alte Weinhaus zu Weimar nicht mehr verkauft bekam. Also alles rote. Darunter auch der sensationelle Frühburgunder. Eine Notfüllung als Glücksfall sozusagen.

Bei den Thüringer Kollegen hat der Besitzer-Wechsel zu einem deutlich wohlwollenderen Blick auf die Rebberge zwischen Kromsdorf und Schöndorf geführt. „Das passt“, ist vom eingangs zitierten Winzer zu vernehmen. Wohl auch, weil die Freyburger Genossen, in deren Kellern die 15er Weine reifen, preislich einen deutlichen Schritt zurück gemacht haben. 30 Euro-Tropfen sind nicht vorgesehen. Von den zahlreichen Rebsorten, die in die Weimarer Erde kamen, werden die Freyburger nicht alle sortenrein auf den Markt bringen. Weißburgunder wohl nicht und aktuell auch nicht die Neuzüchtungen Souvignier Gris, Muscaris oder Cabernet Blanc. Leider auch nicht vom Elbling. Sorten, die nicht mit anderen Trauben der Genossenschaftsmitglieder die riesigen Tanks füllen können. Weil es sie nicht oder nicht in ausreichender Menge von anderen Winzern gibt. Beim Frühburgunder und dem Auxerrois wird man wohl andere Wege gehen.

Wo aber nun den Wein vertreiben? In der Freyburger Galerie werden sie sicher zu haben sein, aber kaum mehr als eine Nebenrolle spielen. Die Vinothek im landschaftlich schön versteckten Kromsdorf wurde nicht übernommen. Vielmehr schwärmt den Manen um Geschäftsführer Hans Albrecht Zieger eine Art Bistro in der Innenstadt von Weimar vor. Hier touristische Ströme zu kanalisieren und zu locken, scheint eine sinnvolle Idee. Erste Gespräche mit einem ortsansässigen Gastronomen laufen.

Ein Laden und viele Namen

Noch offen ist, wer in absehbarer Zeit den Laden vor Ort leitet, also den alltäglichen Betrieb in den Rebzeilen. Gerda Brachmann, die den Job derzeit macht und noch aus der Prinzen-Ära stammt, sieht Mutterfreuden entgegen. Einst startete sie ihre hiesige Winzer-Karriere bei Matthias Hey, ehe sie nach Weimar wechselte. Ihr Mann Johannes, der zunächst bei der Naumburger Wein- und Sekt-Manufaktur arbeitete und zuletzt bei Glockengold Laucha tätig war, wechselt auch zur Winzervereinigung und wird dort die Kellermannschaft verstärken. Zu Harry Goldschmidt gewechselt hat die bisherige Hauptrebschutzwärtin Claudia Proske.

Handarbeit am Werkstück

Der Auftritt der neuen Linie soll sich an der Tradition des Bauhauses orientieren. Der Name „Werkstück“ dabei für Handarbeit stehen, Alltags- und Festtagswein für die verschiedenen Qualitätsstufen. 43 Hektar der 46 zum Betrieb gehörenden sind aktuell bestockt, noch nicht alle haben Ertrag erbracht. Die Agrargenossenschaft Gleina, die die Flächen ja gekauft hat und bewirtschaftet, bringt nunmehr über 50 Prozent der Trauben aller Mitglieder in die Freyburger Keller. Ob das die Machtverhältnisse innerhalb der Winzervereinigung verschiebt oder beeinflusst, muss man wohl abwarten. Dass die Freyburger Winzervereinigung eine Art gefühltes Tochter-Unternehmen der AG Gleina wird, damit ist wohl nicht zu rechnen, hat der Riese doch auch nur eine Stimme bei Abstimmungen. Wie das Tagesgeschäft aussieht, auch da wird man sehen müssen.