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Reichskrone Reichskrone: Wer hat 20 Millionen Euro?

Von harald boltze 20.11.2013, 07:54
Gruppengründer René Zanke. Im Hintergrund: ein auf Facebook eingestelltes Bild, das den Speiseraum der ehemaligen Gagarinschule zeigt.
Gruppengründer René Zanke. Im Hintergrund: ein auf Facebook eingestelltes Bild, das den Speiseraum der ehemaligen Gagarinschule zeigt. Biel Lizenz

naumburg - Dass sich sehr viele Naumburger für die Geschichte, Häuser und Anekdoten ihrer Stadt interessieren, ist bekannt und wurde in vielen, auch von Tageblatt/ MZ initiierten Aktionen deutlich. Wie stark dieses Interesse, vor allem an den DDR-Zeiten in Naumburg, aber tatsächlich ist, kann man derzeit an einer Facebook-Gruppe namens „Naumburg in der Zeit der DDR“ beobachten. Dort wurden Interessierte eingeladen, Fotos hochzuladen und die Bilder anderer zu kommentieren. Binnen weniger Tage setzte es eine Flut an Bildern, Informationen, persönlichen Geschichten.

Gebäude wie die „Reichskrone“, das ehemalige „Jugendklubhaus Otto Wolf“ oder die diversen Polytechnischen Oberschulen der Stadt werden beschrieben. An Naumburger Originale wie „Harry Piel“, „Aschenebbi“ oder Türmerin Angelika Thee wird erinnert. Unter dem Motto „Weiß jemand etwas zu ...“, entsteht dort zurzeit eine schier unheimliche Sammlung zur jüngeren Stadtgeschichte. Unheimlich aufgrund der hohen Dynamik. Über 3 000 Mitglieder hat die Gruppe binnen sechs Tagen angelockt. Die Fotos (wohl mehrere Hunderte) und Kommentare (wohl mehrere Tausende) kann man kaum noch zählen. Eine Dynamik, die auch Gruppengründer René Zanke (31), der am Topfmarkt einen Elektronik-An- und Verkauf und in der Salzstraße eine Bar („UBZ - Unten bei Zanke“) betreibt, nicht für möglich gehalten hat.

Da es sich bei „Naumburg in der Zeit der DDR“ um eine offene Gruppe handelt, kann jeder Interessierte, der bei Facebook Mitglied ist, beitreten. Auch das Erstellen von Beiträgen und das Hochladen von Fotos ist jedem Gruppenmitglied gestattet, das Kommentieren sowieso. Bedenken sollte jeder Nutzer jedoch, dass das Internet, so auch Facebook, kein rechtsfreier Raum sind. Bilder sollten nur hochgeladen werden, wenn man selbst Urheber ist (zum Beispiel Privatfotos) oder man das Einverständnis des Urhebers hat. Verstöße können teure Abmahnungen nach sich ziehen.

Herr Zanke, wie fing das mit der Gruppe an?

René Zanke: Wir waren nach unserem Geschäftsumzug an den Topfmarkt einfach interessiert, wie es hier früher ausgesehen hat. Deswegen habe ich in alten Privatfotos gekramt. Und um ein paar mehr Infos darüber zu erfahren, habe ich die Fotos bei Facebook eingestellt und eine Gruppe gegründet.

Wann war das, was passierte dann?

R. Zanke: Das erste Foto habe ich vergangenen Mittwoch hochgeladen. Es stieß auf Interesse, ich habe nachgelegt, und plötzlich haben auch andere Menschen ihre Bilder beigetragen. Es wurde mehr und mehr. Es ist schon der Wahnsinn, damit habe ich nicht gerechnet.

Auf das riesengroße Interesse, das Sie ausgelöst haben, müssen Sie doch sicher stolz sein?

R. Zanke: Es freut mich natürlich, was da entsteht. Auf der anderen Seite überfordert es mich auch. Ich komme ja zeitlich gar nicht mehr dazu, das alles zu lesen oder zu kontrollieren.

Der Diskussionston ist fast durchweg freundlich und sachlich, ja geradezu euphorisch. Doch auch ein paar kleine Stänkereien waren zwischendurch zu lesen.

R. Zanke: Ein paar wenige Sachen habe ich auch schon gelöscht. Aber, wie gesagt, ich habe gar nicht die Zeit, das alles zu kontrollieren.

Auch rechtlich bietet so eine Sammlung von Fotos und Infos einige Probleme. Stichwörter: Urheberrecht oder Persönlichkeitsrecht ...

R. Zanke: Das stimmt sicherlich. Dadurch, dass das alles so plötzlich und unerwartet kam, habe ich mich damit auch noch gar nicht befasst. Das macht mir schon ein paar Bauchschmerzen.

Sie sind gebürtiger Naumburger: Wie denken Sie an die DDR-Zeit hier in der Domstadt zurück?

R. Zanke: Da ich erst 1982 geboren wurde, habe ich die Zeit ja nur als Kind erlebt. Aber ich habe das als sehr schöne Zeit empfunden, und so wird sie mir auch in meiner Familie beschrieben. Vor allem - und das sieht man ja auch an vielen Fotos - war alles viel lebendiger. Es waren viel mehr Menschen auf der Straße. Heute kennt man kaum jemanden, wenn man über den Markt geht.

Denken Sie, dass die Naumburger besonders interessiert an ihrer Stadt sind?

R. Zanke: Eigentlich nicht. So eine Sache wie mit den DDR-Fotos würde sicherlich auch in Städten wie Weißenfels oder Zeitz auf großes Interesse stoßen.