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Freyburger Winzervereinigung beteiligt sich an Modellprojekt Mulchmatten als Versuchsobjekt

Biofasern sollen Herbizid-Einsatz verringern und Rebstöcken Wasser liefern. Ein Test läuft im Schlifterweinberg.

24.04.2021, 10:28

Freyburg - Für Knut Kiok ist es Heimspiel und Premiere zugleich. Der Leiter Außenbetrieb der Freyburger Winzervereinigung kniet auf dem Schlifterweinberg vor einer Reihe Rebstöcke. Hier gedeihen auf 2,2 Hektar Weiß- und Spätburgunder sowie Riesling. Für den malerischen Blick auf Freyburg hat der Winzer in diesem Moment keine Muße. In seine Arbeit vertieft, legt er unterhalb der Rebstöcke graubraune Matten aus. Vermutlich hat ein Modellprojekt nie unspektakulärer ausgesehen.

Laut Thomas Meier sollen diese Mulchmatten unerwünschten Unkrautbewuchs verhindern und damit den Einsatz von Pestiziden wie Glyphosat oder das aufwendige Hacken per Hand vermeiden. Darüber hinaus führen die Matten Wasser direkt dem Weinstamm zu und sorgen dafür, dass der Boden länger feucht bleibt und vor Wind und starker Sonneneinstrahlung geschützt wird. „Sie bestehen aus Pflanzenfasern. Es sind Rückstände aus Biogasanlagen“, erzählt der Leiter für Verfahrenstechnik bei der Gesellschaft für Nachhaltige Stoffnutzung mit Sitz in Halle, die für das Projekt mit einer Biogas-Anlage zusammenarbeitet.

Im Landesweingut gestartet

Als Matte und auch als Papier in verschiedenen Stärken kann die biologisch abbaubare Faser, die schließlich zu Humus zerfällt, im Weinberg zum Einsatz kommen. Neben der Freyburger Genossenschaft beteiligen sich an dem Modellversuch das Weingut Born in Höhnstedt sowie das Landesweingut Kloster Pforta in Bad Kösen, das mit dem Weinberg in den Saalhäusern bereits im vergangenen Jahr in den Test eingestiegen war. Man habe gemischte Erfahrungen gesammelt, berichtet Jens Eckner. „Die Matten waren damals spröder und härter und damit komplizierter in der Handhabung. Sie haben auch nur eine Saison gehalten. Aber wir konnten Glyphosat einsparen, obwohl wir sowieso darauf achten, es nur wenig zu verwenden“, so der Mitarbeiter des Landesweingutes.

Mittlerweile kommt eine zweite Generation Matten zum Einsatz. Hans Albrecht Zieger zeigt sich gespannt. „Wir sind für solche Projekte offen. Nach Möglichkeiten zu suchen, Herbizide einzusparen, ist aktuell ein Thema“, sagt der Chef der Winzervereinigung und verweist dabei auf agrarpolitische Entscheidungen.

Workshop im Oktober

Ab Ende 2023 soll Glyphosat verboten sein. Bis 2030 sollen 20 Prozent des landwirtschaftlichen Bodens ökologisch und nachhaltig bewirtschaft werden. Der Freistaat Bayern plant sogar mit 30 Prozent. „Auch wenn unsere Weinregion klein ist, sollten wir uns damit auseinandersetzen“, unterstreicht Zieger. Auch in der Winzervereinigung gibt es Bestrebungen. Drei bis vier Hektar Fläche soll in den kommenden zwei bis drei Jahren umgestellt werden. In gut zehn Jahren sollen die Flächen in Weimar, 2015 von der Agrargenossenschaft Gleina, dem größten Mitglied der Genossenschaft, erworben, komplett ökologisch bewirtschaftet werden.

Wir sind für solche Projekte offen.

Hans Albrecht Zieger, Geschäftsführer Winzervereinigung

Im Oktober wird die Freyburger Winzervereinigung Gastgeber eines Workshops rund um das Thema ökologischer Weinbau sein, den die Deutsche Forschungsgesellschaft und die Deutsch-Französische Gesellschaft unterstützen. Denn neben Saale-Unstrut sowie Regionen in Baden-Württemberg und Niedersachsen beteiligen sich auch die Regionen Champagne, Côte d'Azur und Rhône-Alpes im Nachbarland an dem Versuch, der mit Mitteln des Programms „Unternehmen Revier“ im Zuge des Strukturwandels finanziell gefördert und vom Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften begleitet wird. Und nicht nur im Wein- und Obstbau wird das Material genutzt. Es kann auch als Verpackung, unter anderem als Tüten und Kartons, verwendet werden. (Constanze Matthes)