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Integration Integration: Anregung: Dolmetscher für Gespräche mit Flüchtlingsfamilien

08.04.2015, 08:05
Groß ist das Interesse von Erzieherinnen an der Veranstaltung in der Naumburger Familienbildungsstätte. Die deutliche Mehrzahl der Wortmeldungen geht äußerst kritisch mit der Landespolitik um.
Groß ist das Interesse von Erzieherinnen an der Veranstaltung in der Naumburger Familienbildungsstätte. Die deutliche Mehrzahl der Wortmeldungen geht äußerst kritisch mit der Landespolitik um. Torsten Biel Lizenz

naumburg - 70 Millionen Euro jährlich kostet das neue, seit August 2013 existierende Kinderfördergesetz (Kifög) das Land Sachsen-Anhalt. Vor allem dadurch, dass nun Anspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder besteht, also auch die, deren Eltern nicht berufstätig sind. Eltern dürfen nun stundengenau wählen, wie lange ihr Kind betreut wird. Und die Löhne der Erzieherinnen bei Freien Trägern werden vielerorts an die des öffentlichen Dienstes angeglichen.

Ganztagsanspruch verteidigt

Das klingt wie eine familienfreundliche Politik. Doch statt Beifall hagelt es seit Monaten Kritik von allen Seiten. So auch in Naumburg. Dort, in der Familienbildungsstätte, rechtfertigte nun Norbert Bischoff, Landesminister für Arbeit und Soziales, auf Einladung seiner SPD-Parteikollegin Krimhild Niestädt das neue Kifög vor vielen anwesenden Erzieherinnen und Interessierten. Er verteidigte vor allem den Ganztagsanspruch für alle: „Daran lasse ich nicht rütteln. Kinder können nichts dafür, aus welchem Elternhaus sie kommen.“ Man könne jedoch darüber neu verhandeln, ob dieser Anspruch wirklich zehn Stunden betragen muss oder ob auch acht genügen. Auch die Vorwürfe aus den Kommunen, wie etwa Naumburg, dass die Städte finanziell übergebührend am Kifög leiden, ließ Bischoff nicht gelten: „Wir als Land bezahlen alles korrekt.“ Im Gegenteil, man gebe als Land bundesweit das meiste Geld für Betreuung aus.

Ungleiche Entlohnung moniert

Doch auch in der anschließenden Diskussion überwog die Kritik deutlich. So beklagte eine ehemalige Erzieherin einer Awo-Kita, dass die einheitliche Entlohnung der Erzieherinnen längst nicht überall der Fall ist. Sie sprach von „1000 Euro weniger im Monat“. Minister Bischoff schob die Verantwortung beiseite. Als Land gebe man das Geld an die Kita-Träger weiter. Wie diese damit verfahren, könne man nicht kontrollieren. Und Krimhild Niestädt meinte: „Dafür haben wir noch keine Lösung gefunden.“ Pfarrer und Kita-Träger Michael Bartsch hingegen lobte das Gesetz dafür, dass es zur Angleichung der Gehälter führt. Dass die Awo dies noch nicht praktiziert, kommentierte Bartsch deutlich: „Ich wünsche der Awo, dass sie demnächst keine Kitas mehr betreibt.“ Ein Seitenhieb, auf den die anwesende Eva Scharmann, neue Geschäftsführerin der hiesigen Awo-Soziale-Dienste, natürlich reagierte, wider Erwarten aber sehr einsichtig. „Wir geben zu, dass wir da Nachholbedarf haben und verstehen den Unmut, aber wir arbeiten daran.“

Die wohl härtesten Worte an diesem Abend fand Unstruttal-Bürgermeisterin Jana Grandi. Das neue Kifög sei „das handwerklich schlechteste Gesetz der vergangenen Jahre“. Sie monierte den immens gestiegenen Verwaltungsaufwand, kritisierte zudem, dass man die wichtige Planungsarbeit dem Kreis überlassen musste. Auch sprach Grandi an, dass das Kifög zu viel zu hohen Elternbeiträgen im Krippenbereich (bis drei Jahre) führe. Bischoff bestritt dies, musste sich jedoch von Kreis-Jugendamtsmitarbeiter Lutz Dathe eines Besseren belehren lassen und sagte immerhin eine Prüfung des Sachverhaltes zu.

Auch ein Dauerbrenner in jeder Kita-Diskussion kam zur Sprache: die zu schlechten Betreuungsschlüssel, also die Zahl der Kinder, auf die eine Erzieherin aufpassen muss. Bischoff verwies darauf, dass diese durch das neue Kifög verbessert wurden. Doch er kassierte dabei den Vorwurf, dass dies nur ein Rechentrick sei. So meinte Wethautal-Bürgermeisterin Kerstin Beckmann: „Die Zahl der Erzieherinnen liegt bei uns weit unter dem Durchschnitt. Im Urlaubs- und Krankheitsfall haben unsere Kitas Riesenprobleme, die Betreuung abzusichern, müssen sich mit Springern behelfen.“ Norbert Bischoff nickte: „Wir können uns leider keinen besseren Schlüssel leisten.“ Er wisse, dass man das Landesprogramm „Bildung elementar“ nicht jeden Tag umsetzen kann.

Oft fehlt Praxiserfahrung

Kritik wurde auch an der Ausbildung neuer Erzieherinnen laut. So sei deren Qualifikation abhängig vom Ausbildungsstandort sehr unterschiedlich. Oft fehle die Praxiserfahrung. Bischoff: „Das stimmt, und ich ärgere mich da genauso wie Sie.“ Der Minister sprach danach der Berufsgruppe seinen höchsten Respekt aus. „Sie legen bei den Kindern die so wichtigen Grundlagen dafür, dass Bildung gelingen kann.“ Abschließend wiederholte er, dass alle Anregungen in eine Evaluation und später in eine mögliche Anpassung des Gesetzes fließen werden.