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Hintergrund Hintergrund: 1993 Großumbau

16.12.2013, 08:38
Es weihnachtet bei „Schoppes“: Steffi, Holger und Jenny Elm (v.l.) vor Festgebäck aus eigenem Hause.
Es weihnachtet bei „Schoppes“: Steffi, Holger und Jenny Elm (v.l.) vor Festgebäck aus eigenem Hause. h. behrens Lizenz

Bad Kösen - „Aber bitte mit Sahne.“ Den älteren Damen in Udo Jürgens Kulthit ist zwar der Sturm auf das Kuchen- und Tortenbüfett letztlich nicht bekommen, sie segneten das Zeitliche - was aber auch am Konditor gelegen haben könnte. Bei „Schoppes“ in Bad Kösen kann man sich da getrost zurücklehnen, denn das Café feiert in diesem Jahr nicht nur sein 110-Jähriges in Familienhand, es ist auch weit und breit bekannt für seine delikaten Konditorei-Kreationen. Es gibt kaum ein Wochenende, an dem es im Kaffeehaus nicht dicht gedrängt zugeht. Und den Gästen scheint dabei kein Weg zu weit, die kommen aus Halle, Leipzig, Jena und sonst woher. Keine Frage, die „Konditorei Schoppe“ ist eine Institution.

Warum, ist auch klar: Inhaber Holger Elm pflegt nicht nur die Tradition des Kaffeehauses Schoppe, das Otto Schoppe 1903 nach dem Erwerb von Hämmerlings Ausspanne in dieser eröffnet hatte, sondern auch die seiner Familie. Elms nämlich hatten den Betrieb 1974 übernommen, nachdem Vater Erhard dort schon etliche Jahre als Angestellter seinen Unterhalt verdiente und eine gebürtige Schoppe heiratete. Und für Holger Elm war schon als Kind klar: Auch ich werde Konditor. Selbst die Probleme, die der Berufsstand in der DDR-Mangelwirtschaft hatte, hielten ihn nicht vom Entschluss ab. „Mein Vater wollte nicht in die HO. Wir bleiben privat oder machen zu, hatte er damals gemeint. Zum Schluss konnte er sich durchsetzen“, erinnert sich Holger Elm und auch daran, dass der Betrieb, weil mit 20 Angestellten schon Industriegröße, bei der für Handwerksbetriebe zuständigen Einkaufs- und Liefergenossenschaft keine Chance hatte. „Da war’s um die Zutaten oft genug schlecht bestellt. An Nougat, Marzipan oder Eispulver ranzukommen, noch schwerer“, so Elm. Vor allem deswegen sei feine Konditorei nicht möglich gewesen. „Mal eine Kirsch-Sahne-Torte, Obstkuchen, vor allem aber Brandmasse-Artikel wie Windbeutel waren üblich.“ Und heute? Ob Schwarzwälder Kirsch, diverse cremige Frucht-Kreationen oder saisonale Erfindungen wie Reformationsbrötchen und Borlachtaler, aber auch Pralinen, Pasteten und freilich Eisbecher aller Couleur - bei „Schoppes“ gibt’s nichts, was es nicht gibt. 20 verschiedene Sahne- und ebenso viele Creme-Torten sind in Spitzenzeiten schon mal üblich. Jetzt in der Adventszeit freilich stehen Stollen, Lebkuchen und Dominosteine auf der Wunschliste der Kunden. Schon seit Ende Oktober ist man in der Backstube ganz auf Weihnachten eingestellt.

Im Jahr 2000 war es, als Holger Elm die Konditorei seines Vaters übernahm, an seiner Seite Frau Steffi, die 1993 ins süße Geschäft einstieg und dafür den Job als Kinderkrankenschwester an den Nagel hing. Und mittlerweile sind auch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fortführung der Familientradition in fünfter Generation vielversprechend, denn als kreativer Kopf hat sich längst Tochter Jenny in den Geschäftsbetrieb eingebracht. Sie zaubert nicht nur, was der „Speiseplan“ verlangt, sondern ist auch in dienstliche Entscheidungen eingebunden. Dass die 21-Jährige ihr Handwerk versteht, hat sie schon eindrucksvoll bewiesen. Bei der Gesellenprüfung wurde sie Landesinnungsbeste. Nächstes Jahr will sie die Meisterschule machen.

Wenn man Holger Elm fragt, was einen Konditor auszeichnet, verweist er gern auf seine Tischkarte und ein darin abgedrucktes Gedicht, was er im Würzburger „Café am Dom“ entdeckt hatte und das unterm Strich aussagt, dass ein Konditor wegen der Vielfalt seines Könnens nicht mehr und nicht weniger als ein Künstler ist. Damit dieses Kunsthandwerk als solches auch wahrgenommen wird, hat sich unter dem Dach des Deutschen Konditorenbundes ein Innovationskreis deutscher Konditormeister namens „Selektion 1774“ gegründet. 1774 deshalb, da der Konditor damals erstmals als Künstler betitelt worden war. Zum elitären Innovationskreis, der sich höchsten Ansprüchen an sein Handwerk verpflichtet fühlt, gehören bundesweit lediglich zwölf Unternehmen an. Die „Konditorei Schoppe“ in Bad Kösen gehört dazu.