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Kurz vorm Freyburger Winzerfest Nach Horrorjahr mit Frost, Mehltau und Wespen startet Weinlese an Saale-Unstrut

In die große Vorfreude auf das vor der Tür stehende Freyburger Winzerfest mischen sich die Sorgen der hiesigen Weinbauern um eine mäßige Ernte. Wie der Weinbauverband Saale-Unstrut die Lage einschätzt.

Aktualisiert: 05.09.2024, 08:58
Auch im Landesweingut Kloster Pforta wollte man  im April mit Feuer dem Frost trotzen. Der Erfolg fiel damals  jedoch extrem überschaubar aus.
Auch im Landesweingut Kloster Pforta wollte man im April mit Feuer dem Frost trotzen. Der Erfolg fiel damals jedoch extrem überschaubar aus. (Foto: Torsten Biel)

Freyburg/hbo. - Die Freyburger und ihre vielen Gäste sind in Vorfreude auf das am morgigen Freitag beginnende Winzerfest. Die Prognosen versprechen für Samstag und Sonntag Sonne satt, und die Winzer dürfen nicht nur auf beste Stimmung, sondern auch auf gute Umsätze hoffen. Und doch werden sie die Sorgen um die aktuelle Ernte nicht ganz aus dem Hinterkopf verdrängen können. Yannik Einhellinger, Projektmitarbeiter Weinbau und Marketing, beim hiesigen Weinbauverband klärt über den derzeitigen Stand auf.

Die Winzer an Saale und Unstrut haben die Lese eingeläutet. Womit ging es los?

Begonnen hat die Ernte für den Federweißen mit frühreifen Sorten wie Frühburgunder, Ortega und Solaris. Es wird also bereits fleißig in den Weinkellern und Weinbergen gearbeitet, um frischen Federweißen für das Winzerfest bereitzustellen. Die Hauptlese wird nach dem Fest eingeleitet. Dann steht den Winzern noch ein letzter Kraftakt von vier bis sechs Wochen bevor.

Lesen Sie auch: Nach dem April-Frost - Wie Sachsen-Anhalt Obstbauern und Winzern helfen will

Wie ist die Stimmung unter den Winzern?

Wir sind alle gespannt auf den Jahrgang 24. Denn das Jahr war kein Leichtes hier im nördlichsten Weinanbaugebiet Deutschlands am 51. Breitengrad. Der Januar startet an Saale und Unstrut mit durchaus milderen Temperaturen, als in vergangenen Jahren. Somit begann der Frühling in seiner vollen Pracht bereits vorzeitig im März. Für die Jahreszeit waren die Temperaturen untypisch warm, an so manchen Tagen sogar bis zu 25 Grad. Durch das herrlich sonnige Wetter wurde ein sehr zeitiger Austrieb der Blüte gegeben, der früheste Austrieb seit dem Jahr 1963. Die Freude der Winzer über die milde Vegetation hielt jedoch nicht lange an.

Denn dann kam der 22. April...

Im April fielen die Temperaturen bereits auf sehr niedrige Werte, und jeder Winzer sowie Obstbauer beobachtete Tag für Tag die Wetterlage. Mitte April dann die große Unruhe, die Wettervorhersagen versprachen nichts Gutes. Die Winzer an Saale und Unstrut und in anderen Weinanbaugebieten versuchten nun mit Brennkerzen, Brandtonnen oder auch Beregnungsanlagen den kalten Winden entgegenzuwirken. In der Nacht auf den 23. April dann der Schock: Die Temperaturen fielen am Abend bereits gegen 23 Uhr auf minus zwei Grad. Es handelte sich hier nicht um Bodenfrost, sondern um Luftfröste wie im Winter. Durch die kalten Winde kam es dann zu einem Temperatursturz von minus sechs Grad und das bis um 8 Uhr. Somit waren die jungen Triebe der Kälte über zehn Stunden lang ausgesetzt, das bedeutete nichts Gutes.

Wie sah dieser Nacht Bilanz aus? Am Morgen der große Schock: Auf 90 Prozent der kompletten Anbaufläche in Saale-Unstrut waren die jungen Triebe erfroren. Viele Winzer setzten auf die Beiaugen und hofften auf einen erfolgreichen zweiten Austrieb. Doch dieser fiel in den meisten Fällen spärlich aus. Es bildeten sich nur wenige Traubenansätze. Berichte über Ertragsausfälle von bis zu 80 Prozent in einigen Lagen machten die Runde.

Wurden die Bedingungen anschließend besser?

Der zunächst verregnete Sommer brachte zusätzlich hohe Befallsraten von echtem und falschem Mehltau mit sich. Besonders der starke Wuchs durch den intensiven Regen machte die Laubarbeiten in diesem Jahr deutlich aufwendiger als in den Vorjahren. Nach der Veraison, dem Weichwerden der Beeren, verschärfte sich die Situation weiter: Der Mangel an Früchten führte zu einem verstärkten Fraß durch Vögel und Wespen. Teilweise wurden ganze Reihen abgefressen, sodass nur die Stielgerüste zurückblieben. Zudem führte der zweite Austrieb zu erheblichen Reifeunterschieden innerhalb desselben Rebstocks, was die Ernte weiter erschwert. Da der Ertrag zum Teil so gering ist, lohnt es sich oftmals nicht, die Trauben in zwei Durchgängen zu lesen.

Wenn schon nicht die Menge, wird dann wenigstens die Qualität der Weine stimmen?

Was die Mengen und Qualitäten des Jahrgangs 2024 betrifft, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch wenig sagen. Noch kann viel passieren. Doch eines ist sicher: Auch in diesem Jahr wird es köstliche und hochwertige Weine aus Saale-Unstrut geben.