Ehrung Ehrung: Zarte Kreide stolze Gestalt

naumburg - Obwohl der Zahn der Zeit am Stein nagt, die Figur tagtäglich der Witterung ausgesetzt ist - an dem Ausdruck des Wenzels auf dem Naumburger Marktplatz hat sich bis heute nichts geändert. Seine Erscheinung sei noch immer imposant, ganz nach dem Motto „Hier bin ich, hier steh ich“, sagt Doris Seifert.
Genau dieser Stolz, das Selbstbewusstsein zeigt sich in ihrem Werk. Mit Pastellkreide auf Spezialkarton zeichnete die Naumburgerin das Bild des Wenzels, mit dem der diesjährige Wenzelspreisträger während des Empfanges von Naumburger Tageblatt/MZ am Donnerstagabend gewürdigt wird. Nicht nur der leicht körnige Untergrund verleiht dem Abbild der Steinfigur Struktur. Handarbeit war nötig, um der Gestalt ihre plastische Griffigkeit zu verleihen. Neben den Kreidestiften nahm die 64-Jährige auch ihre Finger, um die Struktur herauszuarbeiten.
Fernstudium an Kunsthochschule
Die Pastellkreide ist nicht die einzige Technik, die die frühere Gebrauchswerberin, studierte Werbeökonomin und spätere Geschäftsstellenverwalterin der hiesigen Zweigstelle der Staatsanwaltschaft für ihre Bilder verwendet. In den vergangenen Jahren entstanden so Werke mit Aquarellfarbe oder Tusche. Zwischendurch wird an Zeichnungen gearbeitet, um „nicht aus der Übung zu kommen“, bemerkt Doris Seifert, die ein Fernstudium an der ABC-Kunstschule Paris der Axel Andersson Akademie in Hamburg absolviert hat. Die Vielzahl ihrer ganz unterschiedlichen Arbeiten hängt zu Hause in den Räumen und machen ihre Wohnung in der Schreberstraße zu einer kleinen Galerie. Mittendrin: die Werke ihres Mannes Anton, der aus Holz Figuren schnitzt. In den letzten Jahren indes hat sie eine besondere Leidenschaft ergriffen: die zur altmeisterlichen Lasurmalerei, bei der mit Acrylfarbe Schicht für Schicht einem Motiv besondere Tiefenwirkung verliehen wird. Nach einem Kurs bei Meisterschülerin Karin Vollert in Lauffen am Neckar holte Doris Seifert die Expertin im vergangenen Sommer für einen Workshop in Großjena an die Unstrut. In diesem Jahr soll es drei weitere geben.
Besondere Lebensaufgabe gestellt
Dabei ist das Malen und Zeichnen - ihre Werke stellte sie vor einigen Jahren unter anderem in der Rathausgalerie aus - nicht nur seit Kindheit und Jugend ein wichtiger, zugleich herausfordernder Ausgleich. Die Kunst ist zudem Therapie. Seit Jahren leidet die Mutter von zwei bereits erwachsenen Kindern, Tochter Dörthe (36) und Sohn Alexander (34), sowie Großmutter des zweieinhalbjährigen Fionn-Ole an Fibromyalgie. Die bis heute unheilbare Krankheit verursacht Schmerzen im ganzen Körper, die dem Betroffenen jedoch kaum anzusehen sind. Unterkriegen lässt sie sich davon jedoch nicht: „Ich bin ein Stehaufmännchen.“
In der kommenden Zeit will sie sich verstärkt einer Lebensaufgabe widmen. In der Technik der Lasurmalerei sollen vergangene Ansichten der Stadt Naumburg entstehen oder Ansichten, die abseits der bekannten Touristenpfade zu finden sind. Mit Acryl verewigt wurden so bereits die ehemalige Lohmühle am Reußenplatz, eine Straßenbahn, die in den 50er Jahren in der Domstadt ihre Bahnen zog, eine historische Ansicht der Mariengasse. Zeit spielt für die Hobbymalerin bei der Gestaltung ihrer Motive keine Rolle: „Ich schaue nicht auf die Uhr, wichtiger ist es, das Motiv zu verinnerlichen.“
