Kathertscher Weinberg Besuch in historischer Rebanlage: Trockenheit und Sonne setzt Pflanzen zu
Pächter laden zum Sommerfest ein. Gäste sind von den alten Stöcken und der Natur angetan.

Karsdorf - Zum Sommerfest in der historischen Rebanlage „Kathertscher Weinberg“ bei Karsdorf begrüßte der Vorstand der Naumburger Weinbaugesellschaft 1835 erstmals die Gebietsweinkönigin Saale-Unstrut Luise Böhme und an ihrer Seite die unlängst inthronisierte Steigraer Weinprinzessin Marleen Rost. Frank Weigel vom Vorstand der Naumburger Weinbaugesellschaft freute sich, dass über 20 Mitglieder vom Thüringer Weinbauverein Bad Sulza der Einladung in die idyllisch gelegene Rebanlage gefolgt waren.
Gen-Ressource für Erhalt historischer Sorten
Der zwischen Karsdorf und Steigra liegende Weinberg hat mit seinem Bestand von etwa 120 Jahre alten und teils sehr seltenen Rebstöcken ein Alleinstellungsmerkmal im Weinanbaugebiet Saale-Unstrut, die inzwischen als Gen-Ressource zum Erhalt historischer Sorten genutzt werden.
Noch während Weigel den vom Verein gepachteten und bewirtschafteten Weinberg vorstellte und auf das sich auch in diesem Jahr wieder abzeichnende Problem des fehlenden Regens zum Gedeihen der Weinstöcke hinwies, schien der zum Himmel gerichtete Appell zu wirken: Ein kräftiger Regenschauer prasselte herab und in das erste den Gästen zur Begrüßung eingeschenkte Glas Wein. Wasser und Wein symbolisierten auf ihre Weise ihre lebenswichtige Symbiose. Sonnen- und Regenschirme boten den Gästen etwas Schutz, dennoch stellten die Vereinsmänner noch rasch ein Partyzelt auf.

Wenig später kam man bei Kaffee und dem von Vereinsmitglied und Hobbywinzer Daniel Schmidt, im Hauptberuf Bäcker und Konditor in Laucha, gebackenen Kuchen und Speckkuchen ins Gespräch. Michael Neuhäuser und seine Frau zeigten sich während ihres ersten Besuchs im historischen Weinberg bei Karsdorf begeistert. Derart alte und knorrige Rebstöcke sind eben selten zu sehen. Neuhäuser erzählte, dass der Weinbauverein Bad Sulza fast 130 Mitglieder hat und er als Hobbywinzer 180 Rebstöcke besitzt. Vielen Thüringer Hobbywinzern hatte 2021 der Frost im Februar herbe Verluste beschert und das Thermometer teils an der Minus-30-Grad-Marke gekratzt, nur die Schneedecke habe noch Schlimmeres verhindert, erzählte er.
Im Umfeld botanische Besonderheiten zu entdecken
Die Sommerfestgäste schlossen sich Sven Lützkendorf und Weigel zur Weinbergführung an. Weinkönigin und Weinprinzessin zeigten sich sehr interessiert an den historischen Rebstöcken und an den Standortvoraussetzungen, die es offenbar ermöglichen, dass diese Sorten die Reblaus überleben konnten. Der Weinberg liegt mit dem Röt auf einer Grenzschicht zwischen Buntsandstein und Muschelkalk. So gibt es im Umfeld botanische Besonderheiten zu entdecken, die durch Lehrtafeln vorgestellt werden. „Leider hat die Sonne und Trockenheit auch diesen Pflanzen zugesetzt, die sind hier im oberen Hangbereich fast völlig verbrannt“, bedauerte Weigel. Immerhin entdeckte ein Gast den seltenen Stink-Pippau und war begeistert, weil er dieser Pflanze schon seit Jahren auf der Spur war. Gleich daneben stand der einzige Rebstock der Weißweinsorte Lindenblättriger.
Frank Weigel geht davon aus, dass der Klimawandel auch dem Kathertschen Weinberg weitere Verluste bringen wird. Die am oberen Hang stehenden Stöcke zeigen wenig Laubaustrieb und wenig Ertrag. Ein Vergleich spricht Bände: Wuchsen im Jahr 1996 noch 1.132 Rebstöcke, waren es 2007 nur noch 984, und gegenwärtig sind lediglich etwa 750 Rebstöcke noch vital.