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Behörde Behörde: Höchste Instanz in Sachsen-Anhalt

23.01.2015, 09:02
Das Oberlandesgericht Naumburg: Ein IT-Mitarbeiter der obersten Behörde der Gerichtsbarkeit in Sachsen-Anhalt soll im Zeitraum zwischen Oktober 2010 und März 2013 seinen Dienst-Computer genutzt haben, um am Arbeitsplatz eine Vielzahl privater Kopien von Unterhaltungsmedien anzufertigen.
Das Oberlandesgericht Naumburg: Ein IT-Mitarbeiter der obersten Behörde der Gerichtsbarkeit in Sachsen-Anhalt soll im Zeitraum zwischen Oktober 2010 und März 2013 seinen Dienst-Computer genutzt haben, um am Arbeitsplatz eine Vielzahl privater Kopien von Unterhaltungsmedien anzufertigen. Torsten Biel Lizenz

Naumburg - Vor dem Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg, Winfried Schubert, liegt heute ein schwerer Gang. Seiner Dienstvorgesetzten, Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb (SPD), soll er Rede und Antwort dazu stehen, was sich genau zwischen Oktober 2010 und März 2013 in seiner Behörde abgespielt hat. Dabei geht es um den Verdacht, dass Mitarbeiter in dieser Zeit mehr als 1 000 Raubkopien von Musik, Hörbüchern und Filmen angefertigt haben.

Aufgeflogen war all das im März 2013, als ein Mitarbeiter in einem Farbdrucker des Gerichts Ausdrucke von CD-Covern entdeckt hatte. Während der daraufhin eingeleiteten Geschäftsprüfung - speziell im Dienstzimmer des IT-Verantwortlichen - offenbarte sich das Ausmaß: In den zweieinhalb Jahren soll der Computerfachmann 1 128 DVD gebrannt haben. Dafür hatte er sich ein Programm auf dem Dienstrechner installiert, mit dem der Kopierschutz geknackt werden kann. Insgesamt seien rund 6 400 Dateien auf dem Computer gefunden worden, die keinem dienstlichen Zweck zuzuordnen waren, geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts zu dem Fall hervor. Allein von den verhängnisvollen CD-Covern soll der IT-Verantwortliche in anderthalb Jahren im Schnitt täglich elf angefertigt haben.

Für das OLG war all dies Grund genug, den Mann im Frühjahr 2013 fristlos zu entlassen. Gegen diese Kündigung zog der Computerfachmann vor das Arbeitsgericht - und bekam dort Recht. Dagegen legte das OLG zwar eine Berufungsklage beim Landesarbeitsgericht Halle ein, verlor aber auch dort. Die Richter monierten unter anderem, dass das OLG nicht konkret habe nachweisen können, wann und was der Computerfachmann kopiert haben soll. Hinzu kommt, dass ein Teil der Kopien, die der Computerfachmann erstellt haben soll, während seines Urlaub angefertigt wurden. So gerieten zwei weitere Mitarbeiter - beide Beamte - in Verdacht, ebenfalls auf dem entsprechenden Computer derartige Kopien angefertigt zu haben. Inwieweit es sich um Raubkopien handelt und die drei OLG-Mitarbeiter somit gegen das Urheberrechtsgesetz verstoßen haben, ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Halle.

Neben den Dateien wurde auf dem Computer des IT-Verantwortlichen auch ein Ordner mit der Bezeichnung „private Computer“ mit der Auflistung von elf Familiennamen entdeckt. Das lasse darauf schließen, dass der Fachmann möglicherweise nicht nur dienstliche Computer betreute, sagte OLG-Präsident Schubert gestern Naumburger Tageblatt/MZ. Dies habe das OLG ebenfalls der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. „Sie sollen das prüfen und bewerten, ich habe nicht die Möglichkeit zu durchsuchen“, so Schubert. Ein neu engagierter Rechtsanwalt soll nun prüfen, welche Erfolgschancen eine Revision des OLG gegen das Urteil des Landesarbeitsgericht habe.

Angela Kolb fordert unterdessen vom OLG-Präsidenten und vom Generalstaatsanwalt nicht nur die heutigen Berichte. Die Ministerin verlangt auch eine lückenlose Aufklärung. „Laufende Verfahren kann und werde ich nicht kommentieren“, sagte die Ministerin. „Doch so wie die Vorgänge dort geschildert wurden, wirft das Fragen auf.“ Es gehe nicht nur darum, wer wann was kopiert habe. „Wir müssen uns auch die Frage gefallen lassen, warum das so lange nicht aufgefallen ist“, sagte die Ministerin. Schubert zeigte sich derweil froh darüber, heute „vertiefend über die Situation informieren und aus erster Hand darstellen zu können, was passiert ist“.