Zollinger-Dach auf der Kreuzkapelle
Freiimfelde/MZ. - Man sieht es nicht auf den ersten Blick, aber die Kreuzkapelle in Merseburg Freiimfelde ist in baulicher Hinsicht etwas ganz Besonderes: Sie wurde 1932 von dem Merseburger Architekten Friedrich Zollinger für nur 5000 Reichsmark erbaut und am zweiten Weihnachtstag des selben Jahres eingeweiht. Damals hatte sowohl die Kirche St. Viti als auch St. Maximi diesen Betrag zur Verfügung bekommen, um jeweils eine Kirche für die schnell wachsenden Siedlungen in Freiimfelde und Merseburg-Süd zu errichten.
Beide Gotteshäuser waren baugleich, doch hat die Kapelle in Merseburg-Süd den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden. Natürlich hatten auch beide ein für die Domstadt typisches Zollinger-Dach, das aber heute in Freiimfelde durch den davor stehenden Glockenturm von der Straße aus nicht gleich auffällt. "Diese Dächer waren nach dem Ersten Weltkrieg eine Sparmaßnahme", erklärt der Kirchenälteste Horst Trelenberg. "Wir haben keinen normalen Dachstuhl aus Balken, sondern er besteht aus Brettern, die auf eine rautenförmige Holz-Konstruktion genagelt werden." Dies ist in dem Freiimfelder Gotteshaus besonders gut zu sehen, da das Dach von innen nicht verkleidet ist. "Solche speziellen Zollinger-Dächer sind auch an der Dürer-Schule oder den Häusern an der B 91 zu bewundern", verweist Trelenberg auf etwas bekanntere Gebäude.
Auch die Wände, auf denen das Dach ruht, sind nicht in der üblichen Ziegelsteinbauweise gebaut: "Man suchte nach einer preiswerteren Variante und wählte die Schüttbeton-Bauweise. Dabei wird eine Einschalung mit Schlackbeton gefüllt und anschließend verputzt", erzählt Trelenberg, der sich zusammen mit anderen Freiimfelder-Familien um den Erhalt der kleine Kapelle kümmert.
Mit Ziegelsteinen wurde 1954 der Turm erbaut, dessen Glocke im Zweiten Weltkrieg gerade noch vor der Einschmelzung bewahrt und nun ihrer Bestimmung zugeführt werden konnte.
Eine bewegte Vergangenheit hat auch das Kruzifix über dem Altar: Dieses stammt aus einer Abrisskirche und überdauerte viele Jahre in der Rumpelkammer von St. Viti. Erst in den 1960er Jahren fand es den Weg in die Kreuzkapelle.
Horst Trelenberg erinnert sich auch an lustige Geschichten rund um die Freiimfelder Kapelle: "In den 1950er Jahren haben die Konfirmanden einmal den Pfarrer in dem Kirchraum eingesperrt, indem sie große Schneebälle vor die Tür rollten. Alle mussten sich darauf neu zur Konfirmation anmelden."
Als die Johannes-Schule noch ihren Sitz in Freiimfelde hatte und in der Kapelle Andachten abhielt, kam neues Leben in das Gotteshaus. Doch mit dem Umzug der Schule ist es etwas ruhiger um den Zollinger-Bau geworden, was angesichts seiner seltenen Architektur und der durchaus romantischen Lage schade ist.