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Und sonnabends kommt auch immer der Gasmann

Von REGINA RETZLAFF 25.05.2010, 16:05

SCHMON/MZ. - Die Zeit der Leinwand-Villen ist längst vorbei. Auf dem Campingplatz Hermannseck haben sich die Wohnwagen etabliert. Die fest stehenden, mit extra Dach drüber und besonderen Anbauten, mit Zelten als Vorbau und kleinem Gärtchen drum herum.

Seit 1993 besitzt auch Fritz Sille aus Teutschenthal einen solchen Wohnwagen. Seit 1974 ist er aber schon ein Camper. "Früher waren wir noch mit dem Zelt hier", erinnert sich der inzwischen 89-Jährige, der damit der an Jahren älteste Camper ist. Damals war der Platz auch nur in der Saison offen, sagt der Senior, dem gerade seine Nichte Christa Göldner behilflich ist, den Sommersitz herzurichten. Denn seit seine Frau verstorben ist, lebt er allein in seinem Wagen.

Es gibt Hilfe beim Einkaufen

"Ich habe mir das Umfeld ein wenig gestaltet", sagt er und zeigt auf die Blumen, die den Weg hinab zu seinem Wohnwagen zieren. "Ich bin auch froh, dass Tarabas mir helfen, wenn ich etwas einkaufen muss", sagt er über Heidrun und Bernhard Taraba, die den Platz seit 1997 betreiben. Das Wetter sei ihm eigentlich egal. Nur Frost mag er nicht. In diesem Jahr ist er Ende März aus Teutschenthal gekommen, um sich täglich an der frischen Luft zu laben. "Ist doch herrlich hier", schwärmt er. Und so lange es noch einigermaßen gehe, werde er auch weiterhin ein Dauercamper sein.

Auch Sonja und Erhard Schreiber aus dem nahen Roßleben gehören inzwischen zu den alteingesessenen Campern. Seit dem Jahre 2002 haben sie einen der 84 Plätze belegt. Und seit einem Monat hat auch deren Tochter Anja Kolbe mit ihrer Familie einen Wohnwagen übernommen. "Leider werden die Dauergäste immer älter. Manche müssen einfach kündigen. Wir freuen uns immer, wenn sie jemanden finden, der Wagen und Platz übernimmt", hakt Heidrun Taraba ein. Dann müsse auch der Platz beim Ausscheiden nicht wieder in den Ur-Zustand versetzt werden.

Sonja Schreiber hat sich in den letzten Jahren als Künstlerin auf dem Campingplatz etabliert. Die einstige Lehrmeisterin für Technisches Zeichnen malt mit Abtönfarben und nach Vorlage die schönsten Bilder an die "Villen". An der der Tochter prangt nun das Motiv der Burg Wendelstein. Aber auch die Burg Querfurt findet sich auf dem Platz und viele andere Sachen. "Im alten Kino-Gebäude hat sie uns eine ganze Weinstraße gemalt", sagt Heidrun Taraba, die gerade die Sanitäranlagen schrubbt.

Holland schickt extra Tester

Es mache ihr eben Spaß, hakt Sonja Schreiber wieder ein. "Ich male aber nur, wenn ich auch Lust dazu habe", versichert sie. Aber diese Lust scheint ziemlich groß zu sein, wenn man die "künstlerische Spur" betrachtet, die sich quer über den Platz zieht. Sie zeugt aber auch vom Zusammenhalt, der hier herrscht. Dennoch werden auch die Kurzzeitcamper gerne mit ins Leben auf dem Platz einbezogen. Nach wie vor sind es vor allem viele Holländer, die mit ihren Wohnwagen am Hermannseck Station machen. Sie bleiben ein paar Tage, erkunden mit Fahrrädern die Gegend, staunen, was es hier alles an Sehenswürdigkeiten gibt und ziehen weiter. "Wir werden auch regelmäßig von Campingplatz-Testern aus Holland überprüft. Bisher haben wir dabei immer sehr gut abgeschnitten. Deshalb frequentieren uns die Holländer wahrscheinlich auch so gut", schmunzelt Heidrun Taraba.

Das sei doch auch kein Wunder, meint Erhard Schreiber und blickt nach oben. Erholung pur in einer ruhigen Oase unter dem Dach alter Kiefern und Buchen - was wolle man denn mehr. "Wir haben hier wirklich alles, was wir brauchen", sagt er. "Und sonnabends kommt sogar der Gasmann her, da kann man seine Flaschen auffüllen oder welche kaufen", wirbt Heidrun Taraba für ihren Platz, zu dem auch eine Gaststätte gehört wie auch Ferienwohnungen in entsprechenden Bungalows (s. auch "Was man darüber wissen sollte").