Trotz Anstoß kein Bayern-Fan
Merseburg/MZ. - Nur einmal hatte das Merseburger Stadtstadion in seiner Geschichte eine größere Zuschauerzahl erlebt, als nämlich beim Derby des des heutigen SV 99 im Jahre 1981 gegen den HFC 13000 Fans auf den Rängen dabei waren. Das Gastspiel des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München am 20. Februar 1994 gegen die Landesliga-Mannschaft des VfB Merseburg war ohne Zweifel das Highlight nach der politischen Wende für die Region.
12000 Zuschauer aus nah und fern machten den Auftritt der Stars von der Isar zu einem bleibenden Erlebnis. Die Idee für diesen Fußball-Höhepunkt hatte das damalige Vorstandsmitglied beim VfB, Werner Georg, der zu dieser Zeit auch Vorsitzender des Spielausschusses des Landesverbandes war. Während einer Freundschaftsbegegnung der Bayern im Januar in Magdeburg reifte in ihm der Gedanke, dass solch ein Spektakel auch in Merseburg möglich sein sollte. Anfang Februar führte er mit der Geschäftsstelle des FC Bayern die ersten Telefonate. "Die Hartnäckigkeit mit der die Merseburger um unsere Zusage kämpften, hat uns überzeugt", gestand Manager Uli Hoeneß auf der Pressekonferenz am Spieltag. "Eine kleine Notlüge musste auch sein", gesteht Georg heute. Denn die Frage nach der Entfernung von Leipzig nach Merseburg beantwortete er mit zehn Kilometern.
Nachdem der damalige Trainer des FC Bayern, Franz Beckenbauer, grünes Licht gegeben hatte, war am 9. Februar alles klar, dass die Münchner einen Tag nach ihrem Bundesliga-Punktspiel beim FC Lok Leipzig nach Merseburg kommen. Erst nach der telefonischen Zusage von Hoeneß weihte Georg andere, wie den Trainer des Landesligateams Bernd Koch, in die Pläne ein. Bis zum Spieltag am 20. Februar wurde danach vom einem Vorbereitungsteam ohne Pause gepowert. Auch in guter Zusammenarbeit mit dem SV 99 wurde im Stadtstadion alles vorbereitet. Georg selbst lotste dann am Spieltag den Bayern-Bus die "zehn Kilometer" in die Domstadt. Bei bestem Winterwetter, Temperaturen knapp unter dem Nullpunkt und blau-weißem Bayern-Himmel, wünschte Kaiser Franz den Fans vor dem Anpfiff über Mikrophon ein "nettes Spielchen". Und dies wurde es dann auch.
Die Münchner nutzten die Gelegenheit der Imagepflege, spielten einen Tag nach dem 3:0-Sieg in Leipzig locker auf und gewannen viele neue Fans. Die Landesliga-Kicker des VfB hielten beim 0:4 ordentlich mit. Für alle eingesetzten Merseburger Spieler war es sicher der Höhepunkt ihrer Karriere, gegen Matthäus und Co zu spielen.
So auch für den damaligen VfB-Torhüter Michael Starke. "Die Partie war für mich das Spiel meines Lebens, so etwas vergisst man nicht", schwärmt er noch heute. Zudem ist der derzeitige Mannschaftsleiter des SV Braunsbedra bekennender Bayern-Fan. "Und das schon von Kindheit an", betont er. In der Berichterstattung der MZ war denn auch über ihn zu lesen: "Einer stand allerdings besonders im Brennpunkt."
Ein unvergessenes Erlebnis war das Bayern-Spiel in Merseburg aber auch für einen damals Achtjährigen. Als talentierter VfB-Nachwuchskicker durfte Sebastian Schlorf den Ehrenanstoß mit dem deutschen Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus vollziehen. "Je älter ich wurde, desto bewusster wurde mir, was ich damals für ein Glück hatte. Einfach eine ganz große Sache", resümiert er. Trotz der Nähe zu den Bayern-Stars ist Gladbach sein Bundesliga-Favorit.
Der Fußballsteppke von damals ist weiter am Ball geblieben und gehört heute zum Landesliga-Team des VfB Imo. 15 Treffer erzielte der Stürmer in der abgelaufenen Saison. Doch bei weiterer intensiver Trainingsarbeit sollte das noch nicht das letzte Wort des jungen Merseburgers gewesen sein. Zumindest in die Verbandsliga möchte er es schon schaffen.