Streit mit Dow Streit mit Dow: Beim AZV Merseburg explodieren die Abwasser-Gebühren

Merseburg - Der Streit zwischen dem Abwasserzweckverband (AZV) Merseburg und dem Chemieriesen Dow über die Kosten der Abwasserbehandlung erreicht die Kunden des Verbandes. Zum 1. Juli sollen die Gebühren steigen. Wie hoch, ist unklar. „Die Höhe legt die Verbandsversammlung am 13. Juli fest. Die neuen Gebühren werden rückwirkend erhoben“, sagt AZV-Geschäftsführerin Uta Sonnenkalb. In Mücheln war auf der jüngsten Ratssitzung von einer Verdopplung der Gebühren die Rede.
„Das stimmt nicht. Aber die Anhebung wird drastisch sein. Leider haben wir keine andere Wahl“, sagt die AZV-Chefin. Es ist das erste Mal seit 2003, dass der AZV seine Gebühren anhebt. 2006 und 2009 hatte er sie jeweils gesenkt. Aktuell kostet ein Kubikmeter Abwasser 2,60 Euro. Hinzu kommt eine Grundgebühr von fünf Euro.
Versorgungsvertrag gekündigt
Zum 1. Oktober 2015 hatte Dow den bisherigen Versorgungsvertrag mit dem AZV gekündigt, der zuvor seit 2001 Bestand hatte. Der Konzern fordert vom Verband mehr Geld für die Abwasserbehandlung im Klärwerk im Chemiepark Schkopau. Statt 1,5 Millionen Euro will Dow nun 4,7 Millionen Euro haben, was der AZV ablehnt.
Das Problem: eine schnelle Alternative zu Dow hat er nicht. Der Fall beschäftigt seit Monaten auch das Verwaltungsgericht in Halle. Der AZV hat übrigens das Landesverwaltungsamt verklagt, nicht Dow selbst. Der Verband sieht die Behörde in der Pflicht, in den Konflikt einzugreifen und einen Preis festzulegen, an den sich beide Seiten halten müssen.
2,5 Millionen Euro jährlich
Bis das Gericht entscheidet, zahlt der AZV an Dow nun 2,5 Millionen Euro jährlich. „Diese Mehrkosten können wir nicht mehr abdecken. Außerdem müssen wir uns für den Fall rüsten, dass Dow mit seinen 4,7 Millionen Euro durchkommt“, so die Geschäftsführerin. Und so werde man die neuen Gebühren auch kalkulieren. Zahlen müssen alle 45.000 Haushalte, Behörden und Firmen, die an das 560 Kilometer lange Kanalnetz des AZV angeschlossen sind.
Also auch jene AZV-Kunden aus dem Geiseltal, deren Abwässer beim Zwag in Braunsbedra geklärt werden oder die Einwohner aus Ermlitz, deren Schmutzwasser von den Kommunalen Wasserwerken Leipzig gereinigt wird. „Im rechtlichen Sinne haben wir eine gemeinsame Abwasseranlage. Deshalb werden Kosten über die Gebühren auch an alle verteilt“, sagt Sonnenkalb. Der Preis pro Kubikmeter Abwasser liegt beim Zwag Braunsbedra sowie in Leipzig übrigens bei rund 1,02 Euro netto.
80 Cent pro Kubikmeter
Die Verträge, die der AZV mit beiden Anbietern geschlossen hat, laufen unbefristet. Dow erhält jetzt übergangsweise 80 Cent pro Kubikmeter. „14 Jahre hatten wir einen sehr guten Preis bei Dow. Wir sind ja bereit, mehr zu zahlen. Nur muss die Erhöhung angemessen sein. Und wir brauchen eine langfristige Sicherheit“, sagt Sonnenkalb. Diese Forderung hatte Merseburgs OB Jens Bühligen (CDU) als Chef der Verbandsversammlung aufgemacht.
Doch da die Fronten verhärtet sind, treibt der AZV die Planungen für den Bau einer eigenen Kläranlage voran. Es habe zudem Untersuchungen gegeben, ob der AZV mit den 3,2 Millionen Kubikmetern Abwasser nicht auf ein anderes Klärwerk ausweichen könne, etwa in Leuna oder Halle. „Aber entweder haben die Kapazitäten nicht gereicht oder die Kosten wären erst Recht explodiert“, sagt Sonnenkalb. Deshalb habe man die Projektierung eines eigenen Klärwerks europaweit ausgeschrieben. Die Verbandsversammlung soll am 13. Juli den Auftrag an ein Planungsbüro vergeben. Bis 2020 soll die Anlage in Schkopau fertig sein. „Unsere Berechnungen haben ergeben, dass es die günstigste Variante ist, wenn wir selbst eine Anlage betreiben.“ (mz)