Stadtteilzentrum in Merseburg-West auf der Kippe Stadtteilzentrum in Merseburg-West auf der Kippe: Die Spiele gehen weiter
Merseburg - Das Stadtteilzentrum in Merseburg-Süd ist verschwunden. Das Ladenlokal an der Straße des Friedens, in dem sich noch bis Februar vor allem ältere Bewohner des Viertels getroffen haben, steht heute leer. Ein ähnliches Schicksal fürchteten auch die Besucher des Stadtteilzentrums West für ihren sozialen Anlaufpunkt. Schließlich wird auch dieses vom Vorruhestandsverein der Chemieregion geführt, dessen Ende jedoch bereits besiegelt ist und der sich schon in Abwicklung befindet.
Ein Nachfolger war lange Zeit nicht in Sicht. Doch nun kurz vor knapp hat sich doch noch eine Lösung gefunden. Die „Fritz & Renate Grabau Stiftung“ aus Halle springt in die Bresche und will den Treff in der Oeltzschnerstraße zum 1. August übernehmen. Ein entsprechender Vertrag zwischen altem und neuem Betreiber sowie dem Vermieter, der WG Aufbau, soll am 24. Juli unterzeichnet werden.
Rettung in letzter Minute ist auch Irina Hundt zu verdanken
Die Rettung in letzter Minute ist auch Irina Hundt zu verdanken. Die Professorin der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden lebt in Merseburg und besucht seit einiger Zeit den Montagssport im Stadtteilzentrum. „Ich habe dann mitbekommen, dass ein neuer Träger gesucht wird, aber sich keiner findet“, berichtet die Wirtschaftswissenschaftlerin. Die Senioren hätten deswegen Briefe geschrieben und sogar ein Video gedreht, das im offenen Kanal ausgestrahlt werden sollte.
„Vor zwei, drei Wochen hieß es dann, entweder muss zugemacht oder noch ganz schnell ein Trägerverein gegründet werden.“ Doch auch so eine Vereinsgründung hätte gedauert, sagt Hundt. Sie hatte eine andere Idee. Die Professorin sitzt im Vorstand der Grabau-Stiftung, die von Fritz-René Grabau, in Erinnerung an seine Eltern gegründet wurde. Ihr Schwerpunkt ist die Förderung von Wissenschaft, Bildung und Kultur.
„Wir haben bisher etwa viele Jugend- und Kulturaustausche organisiert.“
„Wir haben bisher etwa viele Jugend- und Kulturaustausche organisiert.“ Sie sein aber auch auf der Suche nach neuen Betätigungsfeldern. Mit dem Betrieb des Stadtteilzentrums, den Hundt im Bereich Kulturförderung verortet, betritt sie nun Neuland.
Am Angebot des Zentrums will die Stiftung vorerst nicht rütteln: „Sicherlich kann man nicht alles umstoßen.“ Langfristig kann sich Hundt aber mehr Inhalte, vor allem für Jüngere vorstellen, wenn es vielleicht sogar klappen sollte, zusätzlich zur bisherigen Mitarbeiterin noch eine weitere Stelle zu schaffen. „Es heißt ja eigentlich Stadtteilzentrum für Jung uns Alt.“ Derzeit kämen aber vor allem Ältere. Veränderungen möchte die Stiftung aber nur Schritt für Schritt vornehmen: „Damit sich niemand vor den Kopf gestoßen fühlt.“
Bei Barbara Schneider sorgt das Engagement der Stiftung für Erleichterung: „Wir freuen uns sehr, dass das Stadtteilzentrum weiter betrieben werden kann und wir fünf vor zwölf noch eine Lösung gefunden haben“, erklärt die Chefin der WG Aufbau. Sie hatte sich für den Erhalt der Einrichtung ausgesprochen. Diese selbst zu betreiben, war für die Wohnungsgenossenschaft allerdings keine Option. Dafür unterstützt sie den neuen Betreiber, in dem sie die Räume kostenlos zur Verfügung stellt.
Auch Peter Wetzel, Chef des Ruhestandsvereins, ist erleichtert, dass es mit dem Stadtteilzentrum geklappt hat: „Alle haben uns ja angeguckt.“ Sein Verein, dessen Liquidation wohl Ende September/Anfang Oktober beendet sein wird, hatte im Winter das Mehrgenerationenhaus an die Awo SPI übergeben. Die wollte aber aus finanziellen Grünen nicht auch die Treffs übernehmen. Deswegen blieb der Verein in der Verantwortung.
Das Zentrum in Süd wurde geschlossen. Ob es eine Zukunft hat, ist unklar. Der Vermieter, die Grand City Property, erklärt auf Anfrage, sie sei weiterhin daran interessiert, dass dort ein Treffpunkt betrieben wird und würden dies auch unterstützen, etwa durch Nettokaltemietefreiheit. Sprecherin Katrin Petersen sagt: „Wir sind jederzeit für Gespräche mit Interessierten offen.“ (mz)