Hälfte der Mitglieder starb Stadtstadion Merseburg: Gedenkstein für gefallene Sportler des SV 99 Merseburg zieht um

Merseburg - Es tat einen kurzen Ruck und die Anwesenden zuckten kurz zusammen. Doch der kleine Kran des Transporters machte seinen Job gut, hievte den rund eine Tonne schweren Stein problemlos auf die Ladefläche. Der Stein, auf dem gerade noch ein Schild mit der Aufschrift „Gründungsstein“ anlässlich der Einweihung der Stadiontribüne angebracht war, wurde einst aus einem traurigen Grund am Merseburger Stadtstadion aufgestellt: Rund die Hälfte der Sportler des SV 99 Merseburg waren im Ersten Weltkrieg ums Leben gekommen. Ein Gedenkstein und vier Metalltafeln erinnerten an die Sportler. Der Stein - ein roh behauener Felsblock - war während der Bauarbeiten zum Vereinshaus im Erdreich gefunden worden.
Gedenkstein für gefallene Sportler soll würdigeren Platz bekommen
Da die Tafeln bereits zu DDR-Zeiten gestohlen worden waren und der Stein einen nicht sehr repräsentativen Standort hatte, gab es auf Initiative des Merseburger Altstadtvereins Gespräche mit dem SV 99 und dem Kirchspiel. „Daraus entstand die Idee, den Stein zu reinigen und zu konservieren und ihn im Anschluss an einem angemessenen Standort, nämlich auf dem Stadtfriedhof aufzustellen“, sagte Dietmar Eißner vom Merseburger Altstadtverein.
„Und da es vom Verein auch keinen Kontakt zu Nachkommen der gefallenen Sportler gibt, hat der Vorstand beschlossen, der Umsetzung des Steins an einen würdigeren Platz zuzustimmen“, sagte Karl-Heinz Zücker, der Ehrenvorsitzende des SV 99 Merseburg, gegenüber der MZ.
Erinnerung an Leiden des Krieges sei auch heute noch nötig
Ihm selbst hätte sich die Frage gestellt, ob man heute noch an die Gefallenen diese Krieges erinnern müsse. „Und es ist nötig, daran zu erinnern, welches unsagbare Leid ein solcher Krieg hervorruft“, sagt Zücker. In einer Zeit, in der auch in Deutschland noch Nuklearwaffen gelagert würden und ein US-Präsident Trump damit angibt, dass er den größeren Atomknopf habe, sei dies unbedingt nötig.
Erinnerung an Ersten Weltkrieg in Merseburg: 900 Namen sollen noch einmal erklingen
Der Merseburger Altstadtverein plant anlässlich der 100. Wiederkehr des Endes des Ersten Weltkrieges mehrere verschiedene Aktionen - unter anderem das Verlesen von 900 Namen der Merseburger, die in diesem Krieg gefallen waren, in der kleinen Kapelle des Stadtfriedhofes. Der Gedenkstein vom Stadtstadion soll in den nächsten Wochen im Betrieb von Steinmetz Andreas Eimann gereinigt und von alter Farbe befreit werden. Im Vorfeld des Volkstrauertages soll er dann auf dem Stadtfriedhof St. Maximi aufgestellt werden.
„Ein solches Engagement rund um das Ende des Ersten Weltkrieges kenne ich aktuell nur aus Merseburg“, lobt John Palatini vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, der dort für den Bereich des bürgerschaftlichen Engagements zuständig ist. Auch, dass sich der Altstadtverein um das Gedenken an die im Lager in Merseburg gestorbenen Kriegsgefangenen kümmere, finde er bemerkenswert. Lange habe man gar nicht gewusst, wo es überall Lager gegeben habe.
Zwölf seien es damals insgesamt auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts gewesen. „Die Söhne und Väter einer Stadt sind weit weg im Feld gestorben. Aber die Gefangenen haben ihr Leben in Lager verloren - in diesem Fall in Merseburg.“ (mz)
