Stadt im Ausnahmezustand

SCHRAPLAU/MZ. - Was den traditionellen Schrappelmarkt letztlich so anziehend macht, muss wohl jeder Anhänger des bunten Markttreibens, das einmal jährlich Anfang November in Schraplau über die Bühne geht, für sich selbst entscheiden.
Fakt ist, dass auch bei der jüngsten Auflage am Wochenende wieder Ausnahmezustand in Schraplau herrschte, die Straßen im Ortszentrum mit Menschen nur so überlaufen waren. Mehr als 100 Verkaufsstände, die so gut wie keine Wünsche offen ließen, zogen Jung und Alt in ihren Bann. Textilien von Badehose bis Wintermantel, elektrische Geräte, Geschirr, Spielsachen, Angelzubehör, Weihnachtsschmuck und vieles mehr wurden angeboten.
Lediglich an Parkgelegenheiten mangelte es. Aus der Region und auch von weiter her waren die Leute gekommen. Nicht nur kaufen stand dabei im Mittelpunkt des Interesses. Hanna Weidlich (6) war mit ihren Eltern aus Halle gekommen. Eine Runde mit dem fast voll besetzten Kinderkarussell wollte das Mädchen gerade drehen. "Wir kommen schon seit vielen Jahren regelmäßig hierher", erklärte Hannas Mutter. Vor allem das, was die Vereine des Ortes zur Bereicherung ihres Marktes auf die Beine stellen, würde ihr gefallen und locke sie immer wieder aufs Neue zu dem Event.
Vom Zelt der freiwilligen Feuerwehr her strömte Duft von deftigen Gerichten. Wenige Meter weiter schallte Musik über das Gelände. Im großen Festzelt waren die Akteure in der Aufwärmphase. "Heute Abend ist Disko. Dann wird es mehrere Auftritte unserer Vereinsmitglieder geben, die etwas fürs Auge bieten und für Stimmung sorgen", versprach der Vorsitzende des Karnevalvereins, Horst Kirstein.
Ebenfalls zur gelungenen Umrahmung trugen der Schulförderverein sowie der Kultur- und Heimatverein bei. Letzterer präsentierte in der Heimatstube eine Ausstellung mit dem Thema "100 Jahre Kalkwerk in Schraplau". Vereinsmitglied Stefan Witt wusste unter anderem zu berichten, dass das Werk früher zu den wichtigsten Arbeitgebern der Region gehörte, sich auch nach der Wende weiterentwickelte und Witt zufolge nun zu den modernsten Werken seiner Art in Europa zähle.
Der Merseburger Mittelalterverein führte Showkämpfe mit dem Schwert vor und zeigte, wie ein Kettenhemd und andere ritterliche Utensilien hergestellt wurden. Eng verbunden mit ihrem Schrappelmarkt fühlen sich auch Renate Schäfer und Heidrun Schwaab, wie sie an ihrem Verkaufsstand erklärten. "Ich bin eben eine echte Trödeltante", scherzte Heidrun Schwaab mit Blick auf ihr Angebot von Spielsachen über Keramikgefäße bis hin zu Gemälden.
Ihnen gehe es nicht vorrangig um den Verkauf, sondern um den Spaß, fügten sie an. Das freute auch Chris, der mit seiner Familie aus Dessau gekommen war. Ein kleines Spielzeug fiel für den Siebenjährigen sogar kostenlos ab. "Für was ist man denn Mensch", meinte Heidrun Schwaab, die 1989 auf dem Schrappelmarkt sogar ihren Trabi verkauft hatte.
Weder himmelhoch jauchzend noch zu Tode betrübt war Händlerin Christel Hanisch. Kopfbedeckungen speziell für die kalte Jahreszeit wie Hüte und Mützen bildeten das Gros ihres Sortiments. "Unzufrieden bin ich bislang jedenfalls nicht. Mal sehen, was der Sonntag bringt", resümierte die Frau aus der Nähe von Dessau bei Halbzeit des Schrappelmarktes. Auch am Sonntag würden dann ganz gewiss wieder allerlei Dinge verschiedenster Art über die Ladentische in die Einkaufstüten wandern, waren darauf angesprochene Schrappelmarktfans überzeugt.