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MZ-Sommerinterview SPD-Fraktionschef in Merseburg: Machen, was im Etat steht

SPD-Fraktionschef Steffen Eichner erklärt im MZ-Sommerinterview, warum Merseburg noch immer Probleme mit Geld hat und wofür er das vorhandene ausgeben würde.

24.08.2021, 14:02
Steffen Eichner will wissen, wann Maßnahmen umgesetzt werden.
Steffen Eichner will wissen, wann Maßnahmen umgesetzt werden. (Foto: Katrin Sieler)

Merseburg/MZ - Merseburg hinke bei der Umsetzung von Investitionen zurück, beklagt Steffen Eichner. Robert Briest sprach mit dem Fraktionschef von SPD und Grünen über die Finanzlage und Pläne für die Innenstadt.

Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) sagte zuletzt, dass Merseburg finanziell gut dastehe. Waren die Sparbemühungen der vergangenen Jahre erfolgreich?

Steffen Eichner: Das kann man nicht ganz so stehen lassen. Merseburg hat jetzt eine Reihe von Geldern auf den Konten. Das liegt aber auch daran, dass bei der Umsetzung des Haushalts Verzögerungen eingetreten sind, bei Investitionen, bei Instandhaltungen.

Merseburg hat also weiter Finanzsorgen?

Eichner: Merseburg hat weiter strukturelle Probleme, weil es zu wenig Einnahmen gibt. Vor allem die Gewerbesteuereinnahmen könnten höher sein. Deswegen ist es wichtig, dass die Stadt jetzt ein Gewerbegebiet im Süden entwickelt. Da bin ich dem Landrat sehr dankbar, dass er sich dafür eingesetzt hat.

Weshalb hinkt die Stadt bei der Umsetzung beschlossener Investitionen hinterher?

Eichner: Da müssen Sie den Oberbürgermeister fragen. Die Exekutive ist seine Aufgabe, der Stadtrat kann nur seinen Willen erklären. Dass vieles nicht umgesetzt wird, sehen Sie daran, dass das Land für Straßensanierung und Radwegebau der Stadt 1,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Davon ist bisher wenig umgesetzt. Man muss der Stadtverwaltung zwar zugute halten, dass derzeit Baufirmen nicht so verfügbar sind wie normal. Aber wir erwarten, dass jetzt auf den Tisch gelegt wird, bis wann Maßnahmen umgesetzt werden. Denn sie sind dringend notwendig – gerade Radwege.

Wo sollen neue entstehen?

Eichner: Das muss die Verwaltung sagen. Das Geld, 711.000 Euro, wurde pauschal für Radwege eingestellt.

Sie sprachen von strukturellen Problemen der Stadt. Bis durch das neue Industriegebiet höhere Gewerbesteuereinnahmen fließen, wird es Jahre dauern. Ab 2023 muss die Stadt die Tilgung ihrer Zinsen im Ergebnishaushalt erwirtschaften, 2,5 Millionen Euro. Wo sollen die herkommen?

Eichner: Wenn die Stadt mit dem Geld nicht klarkommt, muss man gucken, wo man im Haushalt sparen kann. Bürgermeister Bellay Gatzlaff sagt zwar, es gibt keine Sparmöglichkeiten, aber man sieht doch, dass in den vergangenen Jahren bei der Umsetzung der Haushalte aus einem Minus immer ein Plus geworden ist. Das zeigt, dass nicht alle Anmeldungen der Verwaltung für den Haushalt notwendig waren. Da muss man dort, wo geplantes Geld nicht ausgegeben wurde, streichen.

Wo konkret?

Eichner: Das sind überall kleinere Beträge, die nicht umgesetzt worden.

Sie forderten immer wieder Personalabbau. Ist Ihnen die Verwaltung nun klein genug?

Eichner: Ich bin nicht sicher, ob das Personal immer an der richtigen Stelle eingespart wurde. Praktisch ist es aber so, dass aufgrund fehlender Bewerbungen auf Ausschreibungen das Personalkontingent gar nicht ausgeschöpft wird. Das Problem haben viele Verwaltungen.

Für mehr Einnahmen stand wiederholt eine Grundsteuererhöhung im Raum. Für Sie ein Weg?

Eichner: Wenn es notwendig ist, kann man darüber reden. Das muss Gatzlaff dann aber begründen. Bisher war es für uns nicht schlüssig. Wir sind in Merseburg eh schon am oberen Ende der Hebesätze.

Der OB sagt, die Stadt muss jetzt Geld investieren. Wofür aus Ihrer Sicht?

Eichner: Einfach für das, was im Haushaltsplan steht: in Kitas und Schulen, in die Brücke am Gotthardteich, ins Petri-Kloster.

Und in den nächsten Jahren?

Eichner: Die Gestaltungsspielräume für die nächsten Haushalte werden nicht sehr groß. Da kann man kein Wolkenkuckucksheim planen. Dennoch müssen wir uns mit den großen Themen beschäftigen. Klimaschutz etwa. Die Stadt heizt sich im Sommer auf, da wäre es gut, wenn wir als Stadt Flächen zum Aufforsten finden. Auch Starkregenereignisse können uns treffen. Da kommt die Kanalisation an ihre Grenzen. Es wäre daher wichtig, mit dem Abwasserzweckverband Wege zu finden, wie mehr Wasser auf Grundstücken, privaten, aber auch in Parks, versickern kann.

Roßmarkt, Markt, Brühl – zuletzt wurde verstärkt diskutiert, wie man das Zentrum beleben kann. Was ist Ihr Ansatz?

Eichner: Am Brühl wird es schwierig, wenn der Eigentümer des Centers nicht mitzieht. In seiner jetzigen Form wird es wohl nicht vermietbar sein. Das wird sich auch nicht ändern, solange man kein Leben in die Stadt bringt. Das ist schwierig, weil man den Merseburger durch die Einkaufszentren in der Peripherie das Einkaufen in der Stadt abgewöhnt hat. Einen Supermarkt an den Roßmarkt zu bauen, halte ich für richtig, damit die Leute da wohnen bleiben. Es ist wohl die einzige Chance, in der Innenstadt sowas zu bauen. Für kontraproduktiv halten wir dagegen das Merse-Center weiter auszubauen. Dann würde es schwer für einen neuen Vollversorger am Roßmarkt.

Linken-Fraktionschef Michael Finger schlägt für den Supermarkt lieber den Standort der alten Markthalle gegenüber des Brühl-Centers vor.

Eichner: Das sehe ich anders. Er wäre dann von der Straße versetzt. Sie finden keinen großen Lebensmittelmarkt mehr, der sich in einer Nebenstraße niederlässt. Diese Fläche sollte man lieber mit Wohnbebauung füllen. Die sehe ich auch für andere Flächen als Lösung, wie etwa das Brühl-Center.