Saalekreis Saalekreis: Umweltschützer protestieren gegen Flächenverkauf
Querfurt/MZ. - Umweltschützer und Naturfreunde in der Region Querfurt sind in heller Aufregung. Sie sehen ein Naturparadies mit seltenen Orchideen, Ackerwildkräutern und Vogelarten in Gefahr. Denn die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) will zwei Flächen aus dem Naturschutzgebiet "Schmoner Busch, Spielberger Höhe und Elsloch" meistbietend versteigern. Der Naturschutzbund Sachsen-Anhalt (Nabu) ist empört. Zudem wirft er der BVVG vor, den Besitz dieser Flächen bisher verschwiegen und so deren kostenlose Übertragung an das Land verhindert zu haben. Die BVVG weist die Vorwürfe zurück und betont, ein künftiger Besitzer müsse sich an die Naturschutzauflagen halten.
Konkret geht es um zwei Flächen bei Schmon und Grockstädt, die zusammen rund 45 Hektar umfassen. Sie gehören zu den Schmoner Hängen, die besonders bei Botaniker als Kleinod gelten. Über Jahrhunderte habe sich dort eine einmalige Kulturlandschaft aus lichten Eichen- und Lindenwäldchen, Streuobstwiesen, Hohlwegen und zahlreichen orchideenreichen Rasengebieten entwickelt, argumentiert der Nabu. "Der Orchideenreichtum und die Zahl seltener Ackerwildkräuter dürfte einmalig im Landkreis sein", sagt der Naturschutzbeauftragte Arnulf Ryssel aus Merseburg. Er erinnert an den lilafarbenen Blütenteppich des purpurroten Knabenkrauts oder das Sommer-Adonisröschen. Auch gefährdete Brutvögel wie Grauammer, Neuntöter oder Sperbergrasmücke seien dort noch hautnah zu erleben. "Dass die reiche Tier- und Pflanzenwelt überleben konnte, ist besonders der Schafbeweidung zu verdanken", so Nabu-Sprecherin Annette Leipelt.
Dass nun bis zum 30. Oktober zwei große Flächen aus diesem Gebiet, dass sogar ins europäische Schutzgebietssystem Natura 200 aufgenommen wurde, "zum Höchstgebot verhökert" werden sollen, macht Martin Schulze, Nabu-Regionalchef für Merseburg-Querfurt, fassungslos. Er befürchtet, dass ein künftiger Besitzer wegen des hohen Preises weniger Naturschutz- als wirtschaftliche Interessen habe. "Es ist schockierend, dass immer noch so unsensibel mit dem Tafelsilber der Deutschen Einheit umgegangen wird." Denn im Schutzgebiet seien Kahlschläge auf Flächen bis zu 5 000 Quadratmetern ebenso möglich wie eine intensive Ackerbau-Nutzung. "Damit ist der Orchideen- und Wildkrautreichtum akut gefährdet". Auch die Schäfereien bekämen Probleme.
BVVG-Sprecherin Constanze Fiedler kann die Befürchtungen nicht nachvollziehen. "Wer diese Flächen kauft, der weiß, worauf er sich einlässt", sagt sie. Denn er müsse sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten. Für das Schmoner Naturschutzgebiet gebe es detaillierte Festlegungen, was erlaubt und was verboten ist. "Diese Kriterien hat doch der Nabu selbst mit ausgearbeitet", betont sie. Auch im Magdeburger Landwirtschaftsministerium verweist man auf diese Festlegungen. "So ist der Einsatz von Mineraldünger und Schädlingsbekämpfungsmitteln verboten", sagt Sprecher Detlef Thiel. Trotzdem habe man die Schmoner Hänge jetzt noch als "Flora-Fauna-Habitat", also als besonderes Naturschutzgebiet, angemeldet. Dafür würden die Bestimmungen erneut geprüft und möglicherweise verschärft. "Da kann sich der Nabu einbringen."
All der Ärger aber wäre aus Sicht der Naturschützer nie entstanden, hätte die BVVG kein "falsches Spiel" gespielt. Mehrere Jahre hat sie mit den ostdeutschen Ländern verhandelt, welche in Schutzgebieten liegenden bundeseigenen Flächen kostenfrei an die Länder übergeben werden. "Die nun zur Versteigerung stehenden Großflächen wurden jedoch nie angeboten", so Schulze. "Doch kaum ist die Übertragungsliste geschlossen, zaubert die BVVG diese Flächen aus dem Hut. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt." Ministeriumssprecher Thiel bestätigt das: "Wir haben nicht gewusst, dass die Flächen der BVVG gehören. Sonst hätten wir uns die genauer angesehen." Doch von Täuschung will BVVG-Sprecherin Fiedler nichts wissen: "Bei den Verhandlungen gab es noch Drittansprüche. Deshalb konnten wir die Flächen nicht anbieten." Sie betont, dass immerhin 4 800 Hektar aus BVVG-Bestand an Sachsen-Anhalt übertragen wurden.
Der Nabu fordert nun, nur einen Käufer zu akzeptieren, der "ausschließlich den prioritären Naturschutzzielen im Gebiet verpflichtet ist". Zudem sollten Kommunen, Kreis oder Land Vorkaufsrecht haben. "Um den Ausverkauf der Natur zu verhindern, wird der Nabu zudem versuchen, den Kaufpreis trotz des enormen Zeitdrucks selbst aufzubringen." Man hoffe auf Unterstützer.