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Saalekreis Saalekreis: Rückkehr in die alte Heimat

Von DIRK SKRZYPCZAK 05.06.2011, 16:29
Der Familienclan auf einem Foto. Gruppenbild auf der Treppe von Schloss Schkopau. (FOTO: PETER WÖLK)
Der Familienclan auf einem Foto. Gruppenbild auf der Treppe von Schloss Schkopau. (FOTO: PETER WÖLK) CARDO

SCHKOPAU/MZ. - Für das Adelsgeschlecht der von Trothas ist es eine besondere Heimkehr. Zwar haben Teile der Familie nach 1990 zu verschiedenen Anlässen in schöner Regelmäßigkeit den Weg zu Schloss Schkopau gefunden, doch ein großes Treffen des ganzen Clans hatte es das letzte Mal 1937 hier gegeben. Seit Ende des 15. Jahrhunderts bis 1945 ist das Anwesen ununterbrochen in Familienbesitz gewesen. "Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Ulrich von Trotha im Alter von 90 Jahren von den Sowjets enteignet", erzählt Clamor von Trotha sen., in der weit verzweigten Dynastie der Schriftführer. Wer etwas über den Stammbaum wissen will, der lückenlos 20 Generationen zurück durch die Jahrhunderte reicht, ist bei dem 74-Jährigen an der richtigen Adresse. Sein Wissen ist wie eine Enzyklopädie der Familiengeschichte, interessant, spannend, aufregend, zuweilen auch tragisch.

121 von Trothas haben das Schlosshotel für ihr viertägiges Familientreffen ausgesucht. Sie tragen Kärtchen mit den Vornamen, denn alle Gesichter, ob jung oder alt, dürften untereinander die wenigsten den Familienzweigen - Bittkau, Skopau, Hecklingen, Gänsefurth und der fünften, namenlosen Linie - zuordnen können. Organisiert sind die Blaublüter in der großen Gemeinschaft als Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts mit dem Luxemburger Wolf-Thilo von Trotha als Vorsitzendem. Er lobt die Lokalität nicht nur wegen ihres engen Bezugs zur Familie. "Normalerweise müssten wir unsere Treffen nur noch hier abhalten." Allerdings wird es wohl bei der Tradition bleiben. Aller zwei Jahre sucht man sich einen anderen Ort.

In direkter Linie ihrer Vorfahren leben heute noch 136 von Trothas, die Mehrzahl natürlich in Deutschland, andere aber auch in England, Italien oder den USA. Thilo ist nach wie vor ein beliebter Vorname. Wie der berühmte Merseburger Bischof heißt auch der 71-jährige Thilo von Trotha aus Berlin.

1955 war er allein aus Weimar in den Westen abgehauen - mit gerade einmal 15 Jahren. "Uns Adlige wollten die Kommunisten nicht auf die Oberschule lassen. Ich sollte meine Verbundenheit mit dem Arbeiter- und Bauernstaat durch einen halbjährigen Einsatz auf dem Land beweisen", erzählt er. Der Ausbildung wegen ging der Schüler damals auf den Handel ein, doch zum Abitur durfte er später doch nicht. "Da bin ich geflüchtet." Es sollte für Thilo von Trotha nicht von Nachteil sein. So machte er Karriere als Redenschreiber von Altkanzler Helmut Schmidt.

Trotz 40 Jahren deutscher Teilung hat die Familie ihre Wurzeln im Saalekreis nicht vergessen. Um das nach 1945 enteignete Vermögen zu kämpfen, wie etwa Schloss Schkopau, ließ der Einigungsvertrag nicht zu. Nicht wenige Familienmitglieder sprechen zwar von einer Ungerechtigkeit, scheinen sich aber endgültig in ihr Schicksal zu fügen. Clamor von Trotha gehörte mit Vetter Wolf-Dieter 1990 zu den ersten von Trothas, die es in die alte Heimat zog. Von der einstigen Burg im heutigen halleschen Stadtteil soll nur noch ein Kellergewölbe übrig sein. Dafür fanden die von Trothas das verwitterte Grab von Ulrich auf dem Schkopauer Friedhof. 1946 war er dort schlicht mit einem Holzkreuz beigesetzt worden, nachdem sich zuvor sein Diener um den alten Herrn gekümmert hatte. "Wir haben im März 1990 auf dem Friedhof erst einmal für Ordnung gesorgt." Seit 2000 stehen dort auch wieder Holzkreuze zur Erinnerung.