Saalekreis Saalekreis: Arbeit am Rande der Wolken
LEUNA/MZ. - Von weitem schon sieht man ihn. Eigentlich recht unscheinbar in dezentem Grau gehalten, bleibt der Blick nicht unbedingt daran hängen. Doch seine Größe allein verleitet das Auge zum Verweilen.
Die Rede ist natürlich von einem Schornstein. Der höchste im Chemie-Standort Leuna gehört zu einem Kraftwerk und blickt aus 200 Metern Höhe über die Region. Von nahem zeigt sich die riesige Esse monströs. Man muss schon sehr den Hals verrenken, um zur Spitze zu schauen. Gebaut wurde der Schornstein erst kurz vor der Wende, im Jahr 1989.
Er war schon vier Jahr zuvor geplant worden, allerdings ursprünglich für ein Braunkohlenkraftwerk der Leuna-Werke. Letztlich ging er aber nie als solcher in Betrieb, da das Kraftwerk nach der Wende zum Gaskraftwerk umgebaut wurde und der Schornstein somit nicht mehr zweckmäßig war. Er steht lediglich als Hülle, in seinem Inneren verbergen sich zwei Stahlrohre, die als "Auspuff" des Kraftwerks dienen.
Nach über 20 Jahren war es nun an der Zeit, die riesige Röhre aus Stahlbeton zu sanieren. "Wir haben ihn auf Schäden untersuchen lassen, es hat sich herausgestellt, dass etwas getan werden muss", sagt Axel Hruby, der Projektleiter für Ingenieurtechnik am Standort. Einen Abriss des 200-Meter-Ungetüms habe man relativ schnell verworfen. "Wir können hier im Chemiepark natürlich nicht sprengen", erzählt Hruby, den Stahlbetonschlot Stück für Stück abzutragen, hätte wiederum die Kosten explodieren lassen. So entschied man sich für den Erhalt der Hülle.
Die Mitarbeiter der Spezialfirma Massenberg pinselten den Schlot seit Mai ein, erzählt der Ingenieur. Bahn für Bahn sei eine Schutzschicht aufgetragen worden. "Er bekommt somit quasi eine Art Fettschicht als Wetterschutz" sagt Hruby. Die gestrichene Außenfläche um den kegelstumpfförmigen Schornstein betrage rund 7 000 Quadratmeter, etwa die Größe eines Fußballfeldes nach Fifa-Norm. Pro Quadratmeter seien 400 Gramm eines Spezialanstriches von den Malern aufgetragen worden.
Für die Arbeit nutzen die Arbeiter zwei Arbeitsbühnen, die über Umlenkrollen am Kopf der Esse hoch und runter gefahren werden können. Sei eine Bahn fertig gewesen, mussten die Arbeitsplattformen umgehängt werden, so Hruby. Der "Fahrstuhl" an der Außenwand startet in etwa 15 Metern Höhe - bis in diese Höhe ist ein Gerüst rings um den Schornstein aufgebaut, um spezielle technische Anlagen am Fuße des Schlotes zu umgehen.
Der Betreiber, die Infraleuna GmbH, zuständig für die Infrastruktur des Chemieparks und Betreiber des Kraftwerkes, nutzte die Gelegenheit gleich, ein Werbelogo an der Außenhaut des Schornsteins anzubringen. "Wir nutzen die Chance und verbinden das Angenehme mit dem Nützlichen", sagt Pressesprecher Martin Halliger.
So werden in Zukunft doch mehr Blicke auf den Schornstein und das weiß-blaue Logo von Infraleuna gerichtet werden, das an zwei gegenüberliegenden Seiten angebracht wird. Es beträgt jeweils 8,40 Meter im Durchmesser, wirkt aber dennoch recht klein, immerhin wird es in einer Höhe von 180 Metern angebracht. "Größer hätten wir die Logos aber kaum machen können, da sie durch die Rundung des Schornsteins dann nie komplett zu sehen wären", erklärt Halliger. Mit weißer und blauer Spezialfarbe sollen sie nun eine ganze Weile den Wetterbedingungen standhalten.
Apropos Wetter: Die Höhenarbeiter sind schon sehr abhängig von Petrus Launen. "Bei starkem Wind oder auch Regen geht nichts nahe den Wolken", meint Projektleiter Hruby von Infraleuna. Die Sicherheit der Arbeiter steht an erster Stelle - natürlich auch bei schöner Wetterlage. Sobald die Arbeitsbühne in die Höhe fährt, ist höchste Konzentration angesagt. Vor jedem Handgriff sichern sich die Mitarbeiter über ihr Gurtzeug an einem festen Punkt. Der Karabiner wird grundsätzlich zuerst befestigt, bevor auch nur ein Handschlag getan wird.
Der Vorarbeiter der Spezialfirma Massenberg, Silvio Graf, erklärt: "Arbeiten in solchen Höhen sind bei uns Tagesgeschäft." Zwar sei der Schornstein schon recht hoch, es gebe aber auch Anlagen, die gut 100 Meter höher seien. Nach oben gebe es praktisch keine Grenze.