Rührende Geschichte Rührende Geschichte: Albino-Mutter bricht aus Gehege aus um ihr Kind zu finden
Merseburg - Ein schneeweißes Damwild sorgt im Südpark in Merseburg gerade für Aufregung. Das seltene und auffällige Tier hat sich dort niedergelassen, um seinen Nachwuchs großzuziehen. „Passanten haben uns darüber informiert, dass im Südpark tagelang Schreie eines Kitzes zu hören waren“, sagt Carla Winhausen von der Rehkitzhilfe. Der Verein kümmert sich um Rehkitze in Not.
Seit dem Anruf sind etwa zwei Wochen vergangen. Dann kam eines zum anderen. Das Jungtier im Südpark habe verzweifelt nach seiner Mutter geschrien, sagt Winhausen, die fernab von Merseburg im nordrhein-westfälischen Cleve sitzt. Sie macht sich daraufhin auf die Suche nach der Mutter - und enthüllt eine rührende Familienzusammenführung. Die Kuh - ein seltenes Albino-Tier, dem die Pigmente fehlen - ist nämlich gleich zwei Mal aus seinem Heimatgehege ausgebüxt: Das erste Mal noch vor der Geburt ihres Jungen. Und ein weiteres Mal, um wieder bei ihm zu sein zu können.
Äußerst selten
„Wir sind anfangs nämlich nur vom Muttertier ausgegangen“, so der Leiter des Südparks, Wolfram Schumann. Auch er habe den Neuling bemerkt. „Weißes Damwild ist äußerst selten“, sagt er. Woher das Tier gekommen sei, habe sich auch bald geklärt. Es soll aus dem Freigehege des Merseburger Fleischers Karl-Heinz Post ausgebüxt sein. Und dorthin wurde es auch wieder zurückgebracht.
Die Mutterliebe habe das Tier jedoch dazu gebracht, ein zweites Mal auszubrechen, um seinen Nachwuchs zu versorgen. Das Tier habe den Weg vom Gehege des Herrn Post zurück zum Südpark gefunden, sagt Post. Warum das Tier ausgebrochen sei, könne er sich nicht erklären. „Als es das erste Mal verschwunden ist, hat sie noch nicht geworfen“, sagt der Fleischer. Das Junge ist vermutlich im Südpark geboren.
Besitzansprüche auf das Tier
Carla Winhausen will sich mit dieser Erklärung nicht zufriedengeben. „Vor zwei Wochen hat Herr Post gesagt, dass ihm das Tier nicht gehöre, aber seit vergangenem Donnerstag erhebt er Besitzansprüche.“ Irgendetwas könne da nicht stimmen, sagt die Tierschützerin. Der Fleischer Post indes will bisher überhaupt nur einmal mit der Frau aus Cleve gesprochen haben. Da steht Aussage gegen Aussage. Gerd Heimbach, Leiter des Straßen- und Grünflächenamts, plädiert dafür, die Bälle flach zu halten. „Wir sind hier ja nicht vor Gericht“, sagt er und schmunzelt.
Die Hauptsache sei, dass Mutter und Kind nun wieder vereint seien. Dem stimmt auch Carla Winhausen zu, denn: „Wenn das Junge während der Setzzeit von der Mutter getrennt wird, überlebt es nicht.“ Auf Dauer dürfen die beiden jedoch nicht im Park bleiben: „Sobald das Kleine etwas stärker ist, hole ich sie zurück in mein Gehege“, kündigt Post an. Bis dahin gewährt ihnen Wolfram Schumann Asyl. Tierpark-Besucher bittet er um Vorsicht. Das seltene weiße Damwild sei zwar eine Attraktion, doch dürfe die Ruhe von Mutter und Kind nicht gestört werden. (mz)