Rückkehr zur Fibelmethode? Rückkehr zur Fibelmethode?: Das denken Grundschulen im Saalekreis über neue Studie

Merseburg/Schkopau - Die Berichte ließen auch Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner aufhorchen. „Wenn sich die Ergebnisse so bestätigen, bin ich geradezu gezwungen zu handeln“, antwortete der CDU-Politiker dem MDR auf die Frage, ob er den Schulen im Land eine Methode zum Erlernen von Lesen und Schreiben vorschreiben würde. Die „Ergebnisse“ entstammen einer Studie der Uni Bonn mit 3.000 Grundschülern.
Zwei Konkurrenzmethoden
Die Forscher waren zu dem Schluss gekommen, dass Kinder mit Hilfe der klassischen Fibelmethode - also systematisch Buchstabe für Buchstabe erlernen - eine deutlich bessere Rechtschreibung erlangen als mit zwei Konkurrenzmethoden: Dem „Lesen durchs Schreiben“, das auch Schreiben nach Gehör genannt wird, bei dem Kinder so schreiben sollen, wie sie Wörter sprechen, ohne dass mit orthografischen Regeln eingegriffen wird, und der „Rechtschreibwerkstatt“, bei der sich Schüler das Lesen und Schreiben weitgehend selbst erarbeiten dürfen.
In Sachsen-Anhalt können die Schulen selbst wählen, auf welchem Weg sie ihren Schülern das Lesen und Schreiben beibringen. Teils gibt es sogar innerhalb einer Schule verschiedene Ansätze.
Grundschule in Schkopau unterrichtet Lesen nach Schreiben
Entsprechend ist auch der Saalekreis ein Flickenteppich, der sich nicht nur auf die genannten Ansätze beschränkt. Die Bonner Studie hat deshalb auch hier für reichlich Diskussionen gesorgt - insbesondere in der Grundschule Schkopau, wie deren Leiter Olaf Rauchfuß berichtet, denn: „Wir unterrichten das Lesen nach Schreiben.“ Schon seit mehr als zehn Jahren verfolge man dieses Modell, allerdings nicht in Reinform: „Wir haben es abgewandelt. So geben wir von Anfang an Rechtschreibhinweise.“
Den Vorteil dieser nun von der Studie gescholtenen Methode sieht er darin, dass die Kinder relativ schnell das Schreiben lernen. Die Erfahrungen müsse man differenziert sehen: Gerade die guten Schüler kämen damit gut zurecht, weil sie nicht erst jede Woche Buchstabe für Buchstabe erlernen müssten. „Kindern mit Sprachdefiziten liegt die Methode dagegen schlechter.“
Leiterin der Merseburger Grundschule: „Königsweg gibt es nicht“
Wer Worte nicht richtig ausspricht, wird sie wohl auch eher nicht korrekt zu Papier bringen. Das gilt insbesondere auch für jene Schüler, die noch gar kein Deutsch können.
Birgit Münchhausen, Leiterin der Merseburger Grundschule „Im Rosental“, ist daher überzeugt: „Den Königsweg beim Lesen- und Schreibenlernen gibt es nicht.“ Angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler, müsse man im Unterricht verschiedene Ansätze aus verschiedenen Methoden mischen. „Die Öffentlichkeit kennt nur zwei Ansätze, Fibel und ’Schreiben nach Gehör’, die in Konkurrenz stehen. In der Mitte gibt es aber eine Vielzahl von Ansätzen, über die keiner spricht.“
Im Rosental gehe man etwa vom Laut zu den Buchstaben über, die Kinder würden aber auch schon frühzeitig alle Buchstaben lernen. Auch an der Fibelmethode gebe es Kritik, nämlich dass es reine Nachahmungslehrgänge seien, die mit Sinnerfassen nichts zu tun hätten.
Die Siedlungsgrundschule Bad Dürrenberg und die Grundschule Leuna sind vergleichsweise nah an der Fibelmethode. Allerdings lernen die Schüler hier Silben statt Buchstaben. An der Otto-Lilienthal-Grundschule in Merseburg gibt es diese Methoden und das „Lesen durch Schreiben“ (mit Rechtschreibkorrektur), je nach dem welcher Lehrer gerade die Anfänger unterrichtet. Schulleiterin Angela Kurtagic-Hirsch ist wie viele Kollegen und die Lehrergewerkschaft GEW jedoch gegen eine zentrale Vorschrift durch das Land. Schulen und Lehrer müssten selbst entscheiden können: „Schließlich müssen die Lehrer hinter der Methode stehen.“
Bildungsminister Marco Tullner hatte angekündigt, sich zunächst einmal von allen Schulen im Land eine Übersicht geben zu lassen, wer wie Lesen und Schreiben vermittelt. Dann wollte er über mögliche Konsequenzen entscheiden. (mz)