Reiter mit Pferd bestattet?
OECHLITZ/MZ. - Und davon wurde auch fleißig Gebrauch gemacht. Die Mitarbeiter des Projektteams, das entlang der künftigen ICE-Neubautrasse auf der Querfurter Platte seit fast einem Jahr großflächige archäologische Grabungen im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt durchführt, wird gerade hier immer wieder fündig.
Erst im April entdeckten die Grabungsteams vor Ort ein auffälliges Skelett aus der Frühbronzezeit mit einem Loch im Schädel und konnten nachweisen, dass der Mann vor rund 4 000 Jahren eine Schädel-Operation überlebte (MZ berichtete).
Derzeit wird ein ganzes Gräberfeld aus der Zeit slawischer Besiedlung etwa aus dem achten bis neunten Jahrhundert freigelegt. 41 Bestattungen hauptsächlich von Kindern und Jugendlichen zählten die Fachleute bisher, über ein Dutzend weitere sind anhand von dunklen Verfärbungen im Boden bereits erkennbar. Und noch haben Klaus Powroznik, einer der Grabungsleiter vor Ort, und seine Mitarbeiter nicht das komplette Areal abgesucht, was zuvor abgesteckt wurde.
Eine zeitliche Einordnung des Fundes ist den Experten anhand der wenigen Grabbeigaben und der Position der Skelette möglich. "In der Bronzezeit war zum Beispiel eine Bestattung in Hockerlage mit angewinkelten Beinen üblich. Diese Skelette liegen aber ausgestreckt auf dem Rücken, den Kopf nach Westen gerichtet", erklärt Klaus Powroznik.
Die Keramik in den Gräbern schmücke zudem eine so genannte Kammstrichwellen-Verzierung, was typisch slawisch sei. Die außergewöhnlich hohe Zahl der Bestattungen, die Tatsache, dass sie in einer Reihe liegen - all das lässt viel Raum für Vermutungen. Wurde diese Stätte über mehrere Generationen als eine Art Friedhof einer Vorgängersiedlung von Oechlitz genutzt? Gab es gar eine Einzäunung?
Doch es gibt noch mehr Besonderheiten. So liegen unter den Skeletten eines 25 bis 30 Jahre alten Mannes und eines Kleinkindes, über das er schützend den Arm gelegt hat, Überreste eines Pferdes. Handelt es sich um ein Reitergrab oder eine reine Pferdebestattung? "Immerhin war ein Pferd in der Zeit der Slawen ein Prestigeobjekt", gibt Beate Leinthaler, eine der Projektkoordinatoren, zu bedenken. Nun erhoffen sich die Archäologen in den nächsten Tagen weitere Erkenntnisse, wenn dieser Bereich weiter vorsichtig Zentimeter um Zentimeter abgetragen wird.
Wie vorsichtig, ja penibel dabei vorgegangen werden muss, zeigt Grabungsleiter Klaus Powroznik anhand weiterer winziger Funde: Perlen und Teile von Eierschalen, die dank günstiger Bodenverhältnisse mehr als 1 000 Jahre überdauerten.
Ebenso wie Reste eines Holzrahmens samt Deckel bei einer anderen Bestattung. "Vieles davon ginge verloren, würden unsere Mitarbeiter nicht so sorgsam vorgehen", möchte er einen Dank loswerden. "Vielleicht können wir hier einen Beitrag für die Vervollständigung der Oechlitzer Ortschronik leisten", sagt Beate Leinthaler.