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Rätsel um einen Reiterstein

Von Hans-Erdmann Gringer 09.11.2006, 17:32

Mücheln/MZ. - Er war auch Gründungsmitglied des Oktoberclubs in Berlin, doch als er zu unpassender Zeit die Mitglieder des Politbüros als Totengräber des Sozialismus bezeichnete, flog er aus der SED.

Von all dem hatte nur die Leidenschaft für Historie Bestand, und das ist gut so. Andert spezialisierte sich auf mitteldeutsche Ur- und Frühgeschichte. Die Ergebnisse dieser Zeit waren die beiden Bücher "Der Thüringer Königshort" und der "Der Fränkische Reiter". Beide, vor allem Letzteres, stellte er am Mittwochabend im Müchelner Bürgersaal vor. Es war keine trockene Lesung. Nicht eine Zeile zitierte Andert, vielmehr nahm er die interessierten Besucher mit auf eine 100-minütige Zeitreise ins frühe Mittelalter. Detail- und kenntnisreich ließ er das 6. Jahrhundert vor den Augen der Müchelner erstehen, als sich die Merowinger das Thüringer Reich an der Unstrut einverleibten. "Eine Epoche,

die auch die dunkle genannt wird, in der auch jener Thüringer Hort, der nicht nur aus Geschmeide bestanden haben muss sondern vielmehr deren geschichtliches Vermächtnis umfasst, verschwand und bis heute unauffindbar blieb", so Andert. Es war aber keine dunkle Zeit, weist er nach. Denn neben dem weltbekannten Reiterstein von Hornhausen, den Andert als Grabmal deutet, gibt es viele, vor allem sprachliche Zeugnisse, die auf die Zeit der fränkischen Herrschaft schließen lassen. Das Entziffern alter Schriften wie Chroniken und Urkunden bereitet ihm keine Schwierigkeiten. Andert glaubt auch, jenen Vermächtnis-Hort bei dem kleinen Ort Herbsleben nahe bei Bad Langensalza gefunden zu haben, "nähere Untersuchungen dazu stehen aber noch aus", betont er. Um Dinge zu erfahren, beschreitet Andert dabei im wahrsten Wortsinn auch ungewöhnliche Wege. Um beispielsweise zu klären, wie und mit welcher Geschwindigkeit fränkischen Heere mit ihrem Tross aus Ochsenkarren durch die Lande ziehen konnten, mietete er im rumänischen Siebenbürgen einen solchen und zottelte zehn Tage querbeet. Wenn auch sein gewagte These, wonach die Geschichte alle 400 Jahre "umkippt", keinen Bestand haben dürfte, machte er doch neugierig auf sein Buch.

Sein nächstes Geschichtswerk, über dem er bereits brütet, wird "Die Heilige Lanze" als Synonym für Aberglaube und Kampfeswille heißen, verriet er der MZ. Es werde sich mit der Ottonenzeit im zehnten Jahrhundert beschäftigen.

"Der fränkische Reiter", Dingsda-Verlag Querfurt; 24,90 Euro