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Puzzle in die Vergangenheit

Von DIANA DÜNSCHEL 15.12.2009, 17:21

MÜCHELN/MZ. - All diese Zeugnisse aus insgesamt 9 000 Jahren Geschichte landen nach Abschluss des Projekts natürlich im halleschen Landesmuseum für Vorgeschichte. Bis dahin aber laufen im Müchelner Stützpunkt der acht Grabungsteams mit 150 Beschäftigten Inventarisierungs- und Dokumentationsarbeiten.

Jedes einzelne Stück von der kleinsten Scherbe bis hin zum Pferdeschädel und natürlich auch die zahlreichen Bodenproben werden nummeriert und verpackt, die Funde gezeichnet, fotografiert, vermessen, gewaschen, sortiert, geklebt und teils auch schon restauriert.

Petra Siebenhüner hat ihren Arbeitsplatz am Waschtisch. Das Schlemmen der Bodenproben und das Reinigen der Skelette sind Tätigkeiten, die sie und ihr Kollege Bernd Duckers ausführen. "Die Proben werden gewogen, eingeweicht und durch drei oder vier Siebe gegeben, die Krümel bis zur Stärke von 0,25 Millimeter durchlassen", erzählt Petra Siebenhüner.

Wenn die Reste getrocknet sind, nimmt sie die Lupe und ist auf der Suche nach Holzkohleresten, Mohn- oder Getreidekörnern. "Manche Funde sind nur durch das naturwissenschaftlich ermittelbare Alter der Holzkohlestücke, die so genannte C 14-Methode, zeitlich einzuordnen", erläutert Helge Jarecki, einer der Projektkoordinatoren, wie wichtig diese Arbeit ist.

Vorsichtiges Rubbeln heißt nebenan die Devise von Bernd Duckers. Eine handelsübliche Zahnbürste hilft ihm beim Reinigen von menschlichen oder tierischen Skelett-Teilen. "Ich darf keine Spuren hinterlassen, nichts darf kaputt gehen, und das Wasser sollte am besten lauwarm sein", beschreibt er, worauf zu achten ist. Sandra Fetsch, die Anthropologin, weiß seine Gründlichkeit zu schätzen. "Erst am gereinigten Fund sieht man beispielsweise, ob der Tote Karies hatte oder zum Beispiel eine Gelenkerkrankung", sagt sie.

Puzzeln ist eine Lieblingsbeschäftigung von Brit Scheibchen, die einen Raum weiter ihren Arbeitsplatz inmitten von dutzenden Kisten voller Scherben hat. Überreste von Keramikgefäßen wieder zusammenzusetzen, ist eine ihrer Aufgaben. Klar, dass man da stets einen kühlen Kopf bewahren muss. "Manchmal wurden die Krüge und Töpfe mit Mustern verziert. Das hilft natürlich ungemein", sagt sie und lässt sich beim Kleben und Fixieren nicht stören. Was aber, wenn einfach nichts zusammenpassen will? "Dann schiebe ich das Stück an die Seite und beschäftige mich vorübergehend mit etwas anderem."

Was die Fachleute von unseren Vorfahren ans Tageslicht holen, wird in Kisten verpackt. Die wichtigsten und wohl auch kostbarsten Teile aber finden sich bis zum Abtransport in der Studiensammlung, teils unter verglasten Vitrinen. "Es ist ein Blick durch die Zeiten, um etwa Typen von Keramik zu bestimmen und Orientierungshilfen zu haben. Die Archäologie lebt vom Vergleich", weiß Helge Jarecki.

Er ist auf seinem Gebiet ein erfahrener Fachmann, die aktuellen Grabungen aber bezeichnet er als "überwältigend". "Wenn ich zum Beispiel im Grabungsbereich zwischen Oechlitz und Langeneichstädt das riesige Gräberfeld aus der Glockenbecherzeit sehe, das in Mitteldeutschland seinesgleichen sucht, kann ich nur staunen."