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Erster Einsatz in Sachsen-Anhalt Premiere für das Lärmmobil: Wie laut ist der Flugverkehr zum Airport Leipzig/Halle wirklich?

Der laute Flugverkehr zum Airport Leipzig/Halle sorgt im Saalekreis für viel Unmut. Nun sammelt erstmals die mobile Messstation des sächsischen Fluglärmbeauftragten Daten jenseits des Freistaats. In Bad Dürrenberg erklärt er wie das Gerät funktioniert und wo die Daten zu sehen sind.

Von Robert Briest 20.04.2025, 06:15
Das Mikrofon erfasst in etwa sechs Metern Höhe die Geräusche an der Messstation.
Das Mikrofon erfasst in etwa sechs Metern Höhe die Geräusche an der Messstation. Fotos: Robert Briest

Bad Dürrenberg/MZ. - 45 Dezibel zeigt der kleine Display in einer Art Schaltkasten im Inneren des Anhängers an. So laut rauscht gerade der Wind über den Bauhof von Bad Dürrenberg in das Mikrofon, das fünf Meter weiter oben an der Spitze eines Mastes prangt. Dessen angedachte Aufgabe ist es allerdings nicht, das Wetter abzuhören, sondern den Fluglärm.

Es sei der erste Einsatz des Lärmmobils des Freistaates Sachsen in Sachsen-Anhalt, erklärt Jörg Puchmüller. Sachsens Fluglärmbeauftragter ist seit vergangenem Sommer auch diesseits der Landesgrenze zuständig – zumindest solange der Fluglärm vom Verkehr des Airports Leipzig/Halle stammt. Und dieser ist für viele Anwohner, ganz gleich ob diesseits oder jenseits der A9, ein großes Ärgernis. Beschwerden darüber landen auf dem Tisch von Puchmüller, der den Sinn des Lärmmobils so erklärt: „Wir machen aus gefühltem Lärm faktischen Lärm.“ Es geht um Langzeitlärmmessung.

Saalekreis bat um Messung von Fluglärm

Solche führt auch der Flughafenbetreiber selbst durch. Allerdings, berichtet der Fluglärmbeauftragte, sei die Warteliste dafür lang gewesen und das Antragsverfahren kompliziert. Deshalb schaffte er, respektive der Freistaat, vor nicht allzu langer Zeit ein eigenes Gerät an. „Es sieht unscheinbar wie ein Pkw-Anhänger aus, aber es ist das Beste, was man kriegen kann.“ Die Anlage sei dank Solarpanels auf dem Dach und einer kleinen Brennstoffzelle im Inneren energieautark und könne deshalb überall zum Einsatz abgestellt werden, ohne dass eine externe Stromversorgung notwendig sei.

Dass das Lärmmobil nun nach sechs Außeneinsätzen in Sachsen seine Sachsen-Anhalt-Premiere auf dem Bauhof von Bad Dürrenberg feiert, sei einer Anfrage des Saalekreises zu verdanken, berichtet Puchmüller. Anderthalb Monate soll die Anlage hier in Nachbarschaft zu einer Pferdekoppel Daten sammeln, dann wohl weitere anderthalb Monate an einem anderen Standort in der Solestadt. „Das reicht für eine ordentliche Untersuchung.“

Das Mikrofon auf der Spitze des Mastes fängt permanent die Umgebungsgeräusche ein. Ab einem gewissen Lautstärkepegel, der von einem Flugzeug herrühren könnte, zeichnet es auf. „Die Daten gehen dann automatisch an die Zentrale des Flughafens“, erklärt Puchmüller das Prinzip. Dort würden sie mit Daten vom Wetterdienst, von der Flugsicherung und mit dem Flugplan des Airports abgeglichen, um abzuklären, dass der Lärm tatsächlich von einem Flugzeug stammt und nicht vom Wind oder einem wiehernden Pferd.

Bad Dürrenbergs neuer Leiter der Stadtwirtschaft, Christian Grahn, Fluglärmbeauftragter Jörg Puchmüller und Flughafenmitarbeiter Martin Völkel bringen das Lärmmobil in Position.
Bad Dürrenbergs neuer Leiter der Stadtwirtschaft, Christian Grahn, Fluglärmbeauftragter Jörg Puchmüller und Flughafenmitarbeiter Martin Völkel bringen das Lärmmobil in Position.
Briest

„90 Prozent der Lärmereignisse werden automatisch erfasst“, erklärt der Fluglärmbeauftragte. In den übrigen zehn Prozent setze sich ein Mitarbeiter hin und hört sich die fraglichen Aufnahmen an. Deshalb dauere es nach Abschluss der Messreihe zwei bis drei Monate, bis die Auswertung vorliegt.

Diese kann Aufschluss darüber geben, ob für einen Ort etwa Anrecht auf passiven Lärmschutz besteht. Puchmüller macht den Bad Dürrenbergern da allerdings wenig Hoffnung. Die Stadt liege weit außerhalb des Nachtschutzgebietes. Als Lärmgrenze hatte der Freistaat mit dem Planfeststellungsbescheid vor 20 Jahren eine zusätzliche erinnerbare Aufwachreaktion pro Nacht festgelegt. „Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat dafür eine Formel ermittelt.“ Liegt deren Ergebnis über eins, bestünde Anspruch auf passiven Lärmschutz. Puchmüller geht davon aus, dass im Ergebnis der Messung in Bad Dürrenberg ein Wert über null, aber auch unter eins herauskommt.

Live-Ergebnisse stehen online

Martin Völkel, Referent für Lärmschutz des Flughafens, der Puchmüller beim Aufbau unterstützt, begründet das mit dem vergleichsweise geringen Flugverkehr über der Stadt. Über Bad Dürrenberg flögen beim häufigeren Westwind nur startende Maschinen, die dann nach Süden abkurven. Völkel ist auch für die zehn stationären und zwei mobilen Messstationen des Flughafens selbst zuständig. Deren aktuelle Lärmpegel können, ebenso wie nun der aus Bad Dürrenberg, jederzeit online unter travislej.topsonic.aero eingesehen werden.