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Notruf-Leitstelle für Merseburg Notruf-Leitstelle für Merseburg: Die Stimme hinter der 112

Von Oliver Müller-Lorey 11.02.2016, 09:58
Die Leitstelle ist modern ausgestattet. Die Mitarbeiter Herbert Credo (l.) und Claudia Hintz (r.) haben einen weiten Blick über Merseburg.
Die Leitstelle ist modern ausgestattet. Die Mitarbeiter Herbert Credo (l.) und Claudia Hintz (r.) haben einen weiten Blick über Merseburg. Peter Wölk Lizenz

Merseburg - Die Rote Lampe an Claudia Hintz’ Schreibtisch leuchtet. So wie immer, wenn Menschen hier in höchster Not anrufen weil es brennt, weil sich ein Verkehrsunfall ereignet hat oder weil der Ehemann im Sterben liegt. Die 32-Jährige arbeitet in der Merseburger Rettungsleitstelle am Domplatz 2. Wer im südlichen Saalekreis die 112 wählt, kommt bei ihr oder einem ihrer 13 Kollegen raus. Im Monat gehen mehr als 33 000 Anrufe und Funksprüche ein - Tendenz steigend. Oft stehen die Anrufer unter großem Stress und lassen sich kaum beruhigen. So wie jetzt.

Gerade hat sie eine Anruferin auf ihr Headset geschaltet, die ununterbrochen schreit und deshalb schwer zu verstehen ist. Ihr Mann könne nicht mehr laufen, er denke, dass er gleich sterbe. Doch so kann Hintz ihr nicht helfen. „Schreien sie bitte nicht so“, sagt sie freundlich aber bestimmt. „Welche Beschwerden hat ihr Mann“, fragt sie. Doch die Frau am anderen Ende der Leitung hört nicht auf zu brüllen, die Lautsprecher übersteuern. „Ich schicke ihnen einen Rettungswagen“, sagt Hintz, während sie Name, Geburtstag und Adresse der Anruferin und des Patienten in das Computersystem einträgt. Solche Anrufe kommen häufiger vor.

Einheitliche Nummer seit 25 Jahren

Die 112 ist erst seit 25 Jahren europaweit die einheitliche Notrufnummer. Ein Mal im Jahr - genau heute - ist ihr ein Tag gewidmet, um sie bekannter zu machen. Die Politik wählte den 11. Februar, weil das Datum 11.2. die leicht zu merkende Nummer darstellt. Sie ist kostenlos rund um die Uhr erreichbar. Was viele nicht wissen: Wer die 112 wählt, kann seine Nummer nicht unterdrücken. Sie wird immer angezeigt, egal welche Einstellung im Handy hinterlegt ist. Eine Rückverfolgung von Spaßanrufern ist so jederzeit möglich.

Die rote Lampe über dem Schreibtisch von Claudia Hintz leuchtet wieder. Es ist kein Spaßanruf. „Notruf, Feuerwehr, Rettungsdienst.“ So meldet sie sich, wenn auf einem ihrer sechs Bildschirme die Schaltfläche für den Notruf rot blinkt. Am anderen Ende der Leitung ist jetzt eine Frau, die gesehen hat, wie eine Fußgängerin in der Merseburger Bahnhofstraße gestürzt ist. Genaueres kann sie nicht sagen. Auch zu ihr schickt Hintz einen Krankenwagen.

Ihr Kollege Herbert Credo arbeitet schon seit 24 Jahren bei der Leitstelle und hat schon eine Menge kurioser Anrufe entgegengenommen. Einmal meldete ein Spaziergänger, dass in der Schleuse des Saale-Elster-Kanals ein menschlicher Körper schwimme. Höhenretter der Feuerwehr zogen schließlich eine Schaufensterpuppe aus dem Wasser. Falscher Alarm. Ebenfalls im Gedächtnis geblieben ist ihm die Evakuierung der Leitstelle im Jahr 2010, als eine Bombe in der Nähe gefunden wurde. Er und seine Kollegen mussten in die Gebäude der Merseburger Feuerwehr umziehen. Die Notrufnummer wurde umgeleitet.

Im vergangenen Jahr liefen in der Leitstelle 23 670 Anrufe für medizinische Notfälle und 1 139 für die Feuerwehr ein. „Die Rettungsdiensteinsätze sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen“, sagt Landkreis-Sprecherin Kerstin Küpperbusch.

90 Prozent medizinische Notfälle

Etwa 90 Prozent der Anrufe seien medizinische Notfälle, zehn Prozent würden die Feuerwehr betreffen, schätzt Credo. Dazu kämen aber auch Anrufe, die besser an andere Ämter oder Vermieter gerichtet worden wären. Die Helfer aus der Leitstelle werden auch schon einmal wegen eines tropfenden Wasserhahns angerufen - und weisen dann freundlich auf ihre Zuständigkeit hin. Auch wer ein freilaufendes Tier sieht, sollte sich besser an das Ordnungsamt und nicht an die Notrufzentrale wenden.

Auch wenn es an diesem Vormittag recht ruhig in der Leitstelle zugeht, wissen die Mitarbeiter, dass sich das von einer auf die andere Sekunde ändern kann. Von den vier Arbeitsplätzen, die erst vor kurzem auf Digitalfunk umgerüstet und modernisiert wurden, müssen rund um die Uhr mindestens zwei besetzt sein. Nicht nur die Notrufe kommen hier an, sondern auch der Funkkontakt zu Rettungswagen, Krankentransportern und Feuerwehrautos. (mz)