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Neue Kläranlage geplant Neue Kläranlage geplant: Hat Dow beim Abwasser zu hoch gepokert?

Von Michael Bertram 13.07.2015, 06:40
Eine Erweiterung der Kläranlage in Schkopau könnte den AZV weniger kosten als ein neuer Vertrag zur Schmutzwasserannahme mit Dow.
Eine Erweiterung der Kläranlage in Schkopau könnte den AZV weniger kosten als ein neuer Vertrag zur Schmutzwasserannahme mit Dow. Marco Junghans Lizenz

Merseburg - In den zähen Verhandlungen um die künftige Annahme von Schmutzwasser vom Abwasserzweckverband Merseburg (AZV) hat sich der Chemiekonzern Dow womöglich verzockt. Denn wie der Verhandlungsführer des AZV, Merseburgs Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU), jetzt deutlich machte, laufe alles auf die Erweiterung einer bestehenden Kläranlage in Schkopau hinaus. Damit würde Dow künftig ein jährlicher Millionenbetrag durch die Lappen gehen.

Hintergrund sind die unvereinbaren Positionen der beiden Verhandlungspartner, nachdem der seit gut 15 Jahren bestehende Vertrag über die Abwasserbehandlung von Seiten des Chemieriesen im vergangenen Jahr fristgemäß gekündigt worden war. Der Dow Olefinverbund wollte über die Preise neu verhandeln, die aus Sicht des Unternehmens nicht mehr angemessen waren.

Vierfache Gebühren gefordert

Dabei führte es als Begründung die gestiegenen Kosten für Energie und Personal an. Doch rechtfertigt dies das angeblich Vierfache der bisherigen Gebühr, wie es aus Kreisen der Verhandlungspartner zwischenzeitlich kolportiert wurde? Darüber hinaus bietet das Unternehmen dem AZV nur einen über sechs Jahre preislich gestaffelten Vertrag an, die Kommunen pochen jedoch auf eine langfristige Lösung der Schmutzwasser-Frage.

Wie jetzt bekannt wurde, soll der Betrieb der firmeneigenen Kläranlage Dow jährlich mehr als zehn Millionen Euro kosten. Dank des Vertrags mit dem AZV erhält der Chemiekonzern nicht nur nährstoffreiches Abwasser, sondern auch eine Stange Geld: 1,5 Millionen Euro soll der Zweckverband jedes Jahr an Dow für die Abnahme des Abwassers überweisen.

Ginge es nach dem Chemieunternehmen, müsste der AZV künftig jedes Jahr die stolze Summe von 2,7 Millionen Euro zahlen, das allerdings nur zwischen den Jahren 2016 bis 2018. In den drei Folgejahren werden dann sogar jeweils 4,2 Millionen Euro fällig, also fast das Dreifache der heutigen Gebühr.

Erweiterung der Kläranlage Schkopau

Wie Bühligen erklärte, hätte ein in Auftrag gegebenes Gutachten gezeigt, dass ein moderater Anstieg der Gebühren auf 1,7 Millionen Euro angemessen wäre. Angesichts dessen forderte der AZV Dow auf, seine Kostenkalkulation offenzulegen, was das Unternehmen jedoch nicht tat.

Auch weil Dow die Abwasserannahme nur für die folgenden sechs Jahre vertraglich garantieren kann - dann muss für die Firmen-Kläranlage angeblich die Betriebsgenehmigung neu beantragt werden -, konzentriert sich der AZV nach MZ-Informationen nun auf eine eigenständige Lösung.

Dazu bedarf es lediglich einer Erweiterung der bestehenden Kläranlage am AZV-Sitz in Schkopau. Wie es hieß, wären die Investitionen in ein Belebungsbecken und die Schlammbehandlung niedriger als die Kosten für einen neuen Vertrag mit Dow.

Aufgrund der notwendigen Investitionen müssen die an den AZV angeschlossenen Kommunen aber wohl dennoch mit höheren Kosten rechnen. Zu Beginn der Verhandlungen war mal von einer Steigerung von bis zu 20 Prozent die Rede. Ob die Preissteigerung auf die Verbraucher umgelegt wird, ist jedoch völlig offen.

Bis die Kläranlage fertig ist, könnte Dow zur weiteren Annahme des AZV-Schmutzwassers gezwungen werden. Das hätte das Landesverwaltungsamt klargestellt, das sich in die schwierigen Verhandlungen schon längst mit eingeschaltet hat. (mz)