Nahverkehr Nahverkehr: Tarifkampf auch ohne Arbeitgeberverband

Merseburg/MZ - Obwohl beide Unternehmen nicht dem kommunalen Arbeitgeberverband angehören, beeinflußt der Tarifabschluss für die Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr auch die Personennahverkehrsgesellschaft (PNVG) Merseburg-Querfurt und die Omnibusbetrieb Saalekreis GmbH (OBS). So verhandelt die OBS, Gesellschafter sind die Hallesche Verkehrs AG (Havag) und die Vetter GmbH aus Salzfurtkapelle, bereits mit der Gewerkschaft Verdi über einen neuen Haustarifvertrag für die 110 Beschäftigten. Bei der PNVG soll die Tarifrunde für die 115 Angestellten nächste Woche beginnen. Die PNVG bedient den Nahverkehr im südlichen Saalekreis, OBS den Norden. Die Konzessionen hat der Landkreis bis 2019 vergeben.
„Die Einigung, die da in Dessau-Roßlau erzielt wurde, ist schon gewaltig“, sagt Lothar Riese, Geschäftsführer der PNVG. Der Abschluss sieht eine Lohnsteigerung bis 2014 von 200 Euro brutto im Monat sowie eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden vor. Zum 31. Dezember 2011 war das Unternehmen, eine Tochter des Landkreises, aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten. „Wir wollen uns von der Gewerkschaft keinen Arbeitskampf aufdiktieren lassen“, erklärt Riese. Deshalb seien die Busse in der vergangenen Woche auch gefahren, als etwa in Halle und dem Burgenlandkreis alle Räder stillstanden. Zuletzt hatte sich die Geschäftsführung mit den Angestellten und Verdi auf ein Lohnmodell geeinigt. Trotz Austritts aus dem Arbeitgeberverband hatte die PNVG die Gehälter weiter nach dem öffentlichen Spartentarifvertrag gezahlt. Außerdem gilt das Versprechen, „dass wir uns auch künftig an dem öffentlichen Tarif orientieren“, so Riese. Er rechnet damit, dass sich die PNVG nun ebenfalls im Rahmen des öffentlichen Tarifs bewegen müsse.
Die OBS hingegen kündigt bereits an, den öffentlichen Tarifabschluss in keinem Fall mitgehen zu können. „Das würde die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens gefährden. Was ist wichtiger, ein kurzfristiger Betriebsfrieden oder die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen?“, fragt OBS-Geschäftsführer Wolfdietrich Vetter. Dass man weniger Lohn als kommunale Betriebe zahle, sei der Konkurrenz am Markt geschuldet. „Auf dem müssen wir uns behaupten.“ Vetter verweist im Gegenzug auf die firmeninterne Vereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. „Das ist ein hohes soziales Gut.“ Außerdem sei man verpflichtet, die Fahrzeugflotte ständig modernisieren zu müssen. „In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns heute.“
PNVG und OBS erklären, mit dem Kreis über höhere Zuschüsse verhandeln zu wollen, um die Mehrkosten ein Stück weit abzufangen. Beide Unternehmen erhalten bislang je rund 4,5 Millionen Euro, damit sie den Nahverkehr sowie die Schülerbeförderung absichern. Zwar hat der Mitteldeutsche Verkehrsbund (MDV), dem auch PNVG und OBS angehören, bereits eine Preiserhöhung zwischen 1,5 und 2,5 Prozent für Fahrscheine ab Herbst angekündigt. Da war der Tarifabschluss für den öffentlichen Nahverkehr aber noch nicht unter Dach und Fach. „Wir werden mit dem Saalekreis über die Diskrepanz reden“, meint Vetter.
Unterdessen zeigt sich Verdi hoffnungsvoll, dass in den Verhandlungen mit der PNVG und OBS vernünftige Ergebnisse ausgehandelt werden können. Im Fall von Lothar Riese hat Verdi-Fachbereichsleiter Gerd Doepelheuer sogar das Ziel, „dass er in den kommunalen Arbeitgeberverband zurückkehrt“. Riese schließt das aus. Das letzte Wort darüber hat freilich der Landkreis.