Millionen-Projekt in Merseburg Millionen-Projekt in Merseburg: Schmuckstück ohne Hostel

Merseburg - Nur am Briefkasten in der Meuschauer Straße klebt noch das Schild „Seniorenresidenz Mühleninsel“. Aus dem Internet ist das Angebot „Ihr Appartement mit Service in der Seniorenresidenz Mühleninsel“ seit Freitag verschwunden. Die Wohnungen mit 33 Quadratmetern für knapp 700 Euro warm sind so offenbar nicht mehr zu haben. „Das ist richtig“, sagt Investor Helmut Soller (56), der die komplette Mühleninsel mit dem großen Mühlengebäude in ein Schmuckstück verwandelt hat. „Hier wird es Gästezimmer oder Pensionszimmer geben, die bei der künftigen Betreiberin für Übernachtungen gebucht werden können.“ Denn wenn er hier normale Wohnungen anbieten würde, wäre die EU-Förderung für diesen Teil der Mühleninsel futsch.
Ursprünglich war geplant, aus der alten Scheune und dem früheren Schweinestall ein Hostel oder ein Boarding-Haus zu machen, das bis zu 78 preisgünstige Übernachtungsplätze für Wasserwanderer, Radtouristen oder Schülergruppen bieten sollte. Dafür hatten die Merseburger Stadträte vor vielen Jahren auch die Hände gehoben, als das zunächst 5,7 Millionen Euro teure Großprojekt mit 16 Wohn- und Gewerbeeinheiten im Mühlengebäude, einer zu sanierenden Villa, einem Wasserkraftwerk (privat finanziert), einer Fischtreppe und einer Trainingsstrecke für die Kanuten zur Abstimmung stand.
Die Kosten des Projektes waren anfangs auf 5,7 Millionen Euro kalkuliert, finanziert aus Mitteln von Bund, Land und EU, Mitteln der Stadt Merseburg und des Investors. Mittlerweile ist man bei 7,9 Millionen Euro. Die zwei Millionen Differenz zahlt der Investor allein. Das Wasserkraftwerk auf dem Gelände produziert 2,6 Millionen Kilowattstunden Strom.
„Ich bin froh, dass das Gelände der Mühleninsel überhaupt reaktiviert wurde und jemand das Projekt angefasst hat. Allerdings hätte ich mir dort tatsächlich ein Hostel für junge Leute gewünscht“, sagte Linken-Fraktionschef Michael Finger gegenüber der MZ.
„Wir haben alles versucht, aber wir haben niemanden finden können, der das Hostel betreiben wollte und auch noch die Finanzen für die Ausstattung hätte aufbringen können“, erklärt Soller, der laut Sanierungsplan eine Beherbergungsstätte beantragt hatte. „Um hier immer noch eine nachhaltige Nutzung möglich zu machen, haben wir alle Zimmer mit einer Nasszelle versehen, so dass jetzt einzelne Zimmer für Übernachtungen vermietet werden können.“
Nach Aussage von Bürgermeisterin Barbara Kaaden (parteilos) vor dem Stadtrat war der Verwaltung seit etwa anderthalb Jahren bekannt, dass das Hostel nicht kommen würde. „Wenn sich etwas so gravierend ändert, hätte ich von der Stadtverwaltung erwartet, dass sie den Stadtrat darüber informiert“, sagt SPD-Fraktionschef Steffen Eichner. „Schließlich stand das ganze Projekt auch unter der Überschrift neue Milieus und ist mit Millionen an Fördermitteln unterstützt worden.“ (mz)
