Merseburger Innenstadt Merseburger Innenstadt: Jammern hilft dem Einzelhandel nicht

Merseburg/MZ - Der Handelsatlas der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau weist für die Stadt Merseburg Licht und Schatten aus. So ist die Verkaufsfläche des Einzelhandels von 2009 bis 2012 innerhalb von drei Jahren um zwei Prozent auf 78 675 Quadratmeter geschrumpft. Geschäfte in dezentraler Lage verbuchen einen Zugewinn. Dramatisch ist die Situation dafür in der Innenstadt, die 13,7 Prozent Verkaufsfläche verloren hat. „Wir könnten jetzt jammern, aber das machen wir nicht, weil es uns nicht hilft“, sagt Nicky Schuchardt, Vorsitzender des Merseburger Gewerbevereins. Auch mit Halle, Leipzig und Nova Eventis in Günthersdorf vor der Nase könne man eine attraktive Innenstadt entwickeln. „Es braucht dafür aber Zeit. Von heute auf morgen geht das nicht“, erklärt Schuchardt.
Die Stadtpolitik versucht ebenfalls, das Ausbluten der Kernstadt zu verhindern. Wer in Merseburg einkaufen möchte, kann zwei Stunden kostenlos sein Auto parken. Doch der Drang, in den Centern auf der grünen Wiese das Geld auszugeben, ist groß. Bürgermeisterin Barbara Kaaden (parteilos) appelliert daher an die Einstellung der Merseburger zu ihrer Stadt. „Jeder entscheidet über die Entwicklung mit. Wer lieber im Internet bestellt oder die inszenierte Welt von Nova Eventis bevorzugt, muss sich nicht wundern, dass die Merseburger Innenstadt verwaist“, sagt sie.
Nun wissen die Händler selbst, dass das Angebot auch die Nachfrage regelt. Und da hat Merseburg einige weiße Flecken auf seiner Handelskarte. Ein Sportgeschäft oder einen vernünftigen Herrenausstatter sucht man zwischen Markt und der Kliaplatte vergeblich. Dabei wäre die Kaufkraft in der Stadt mit ihren rund 34 000 Einwohnern durchaus vorhanden. 2011 lag sie nach der IHK-Statistik bei 4 822,30 Euro pro Einwohner und damit über dem Niveau im IHK-Bezirk (4 764 Euro) und im Saalekreis (4 771,90 Euro).
Sorgen bereitet Händlern wie Stadtentwicklern hingegen nach wie vor die unbefriedigende Situation des Brühl-Centers. Der Komplex fristet ein Schattendasein und wird nur noch von engagierten Gewerbetreibenden am Leben gehalten. Alle Versuche, das Konzept neu auszurichten, sind gescheitert. Laut Bürgermeisterin liege das auch an der unflexiblen Einstellung des Eigentümers - der Deutschen Bank. Dabei könnte sich gerade auch eine Neubelebung des Brühls als Motor für die Innenstadtentwicklung erweisen.
Der Merseburger Gewerbeverein will indes nicht warten, bis fremde Hilfe von Außen kommt. Gemeinsam mit dem Management des Best-Western-Hotels hat er ein Netzwerk gegründet. Einmal monatlich treffen sich Geschäftsleute aus der Stadt und dem Umland zum Erfahrungsaustausch. Die nächste Zusammenkunft ist kommenden Dienstag angesetzt. „Der Abend dient dem gegenseitigen Kennenlernen. Aber natürlich sprechen wir auch über Möglichkeiten, wie die Innenstädte besser für die Zukunft gerüstet werden können“, erzählt Nicky Schuchardt. Er habe bereits Kontakte zu Unternehmern aus Halle und Leipzig geknüpft, die durchaus Interesse an einem Engagement in Merseburg zeigen würden. Es ist vorerst ein zartes Pflänzchen, das noch wachsen muss.