Lasst die Glocken läuten! Merseburger Dom erhält musikalisches Geschenk zum 1.000-jährigen Weihejubiläums
Das Festkonzert soll im Gleichklang von Orgel und Glockengeläut gipfeln. Komponist Steffen Schleiermacher erklärt, warum das schwierig ist.
Merseburg/MZ - Auf die Frage, wie er selbst denn sein Werk bezeichnen würde, antwortet Steffen Schleiermacher kurz, knackig und mit einem breiten Lächeln: „Meisterhaft! Also mal ganz selbstkritisch gesagt.“ Der Komponist hatte anlässlich des 1.000-jährigen Weihejubiläums des Doms den Auftrag erhalten, ein Musikstück zu komponieren.
Merseburger Dom erhält musikalisches Geschenk zum 1.000-jährigen Weihejubiläums
Am Samstag ist es soweit, dann wird die „Merseburger Anrufung“ für Chor und Orgel im Dom uraufgeführt. „Manchmal ist die erste Aufführung auch gleichzeitig die letzte, aber so ist das manchmal“, meint der Mann, der das Leben mit viel Humor nimmt. „Aber ich könnte mir vorstellen, dass das Werk in Merseburg mehrfach aufgeführt wird.“ Die Herausforderung, die er bei seiner Komposition zu meistern hatte, war, dass sein Musikstück am Ende in den Klang des Geläuts der Glocken des Doms übergehen soll.
„Der Dom gibt also die Töne vor. Herauszufinden, welche das eigentlich sind, war aber gar nicht einfach, da dieses Festgeläut ja nur selten erklingt und ich es mir nie habe live anhören können“, erklärt der gebürtige Hallenser, der wie er selber sagt, nach dem Studium in Leipzig hängengelieben ist. „Ich bin also nicht weit gekommen“, schmunzelt er. Doch zurück zum Festgeläut des Doms. „Da hält das Internet eine wunderbare Dokumentation bereit, an der ich mich orientieren konnte.“ Und so komponierte er ein dreiteiliges Werk, das dem Alter des Doms angemessen ist.
Wunsch nach Martin Luther in der Anrufung
Der erste Teil - für Orgel und Chor geschrieben - sei die Vertonung eines nachgedichteten Psalms einer zeitgenössischen Schriftstellerin aus Leipzig. „Deshalb heißt es ,Mein Psalm/139’“, erklärt Schleiermacher. Da der Text etwas Archaisches habe, spiegele sich das auch in der Musik wieder, so der Pianist. Der mittlere Teil sei nur für Chor komponiert. „Hier habe ich Eichendorffs ,Morgengebet’ vertont, und da dieses Gebet etwas sehr Privates ist, singt hier nur der Chor, wobei der Text auch noch auf die einzelnen Chorstimmen aufgeteilt ist.“ Überhaupt sei es ihm wichtig gewesen, dass alle Texte für die Zuhörer verständlich sind.
Domorganist Michael Schönheit habe nur einen Wunsch für das Auftragswerk gehabt: „Es sollte möglichst etwas von Martin Luther in der ,Anrufung’ enthalten sein. Und so habe ich Luthers Choral ,Verleih uns Frieden’ verarbeitet. Denn Frieden - nötig wär’ er ja schon.“ Am Schluss spiele die Orgel dann Töne, die wie Glocken klingen. „Und dann sollen die Glockentöne der Orgel in das Glockengeläut des Doms übergehen. So ist der Plan. Ob das funktioniert? Ich hoffe, das klappt, denn das können wir ja nicht proben.“
Dritte Teil der „Anrufung“ wird zum ersten Mal sogar schon im Festgottesdienst am 1. Oktober zu hören sein
Das volle Geläut soll mit dem Schlussakkord erklingen und das Publikum hinausgeleiten. „Salopp gesagt war ich also dazu gebeten, ein Stück zu komponieren, was die Leute aus der Kirche raus treibt. Und das kann ich gut“, meint Schleiermacher scherzhaft. „Aber im Ernst. Ich hoffe, dass jeder im Publikum für sich etwas aus meiner Musik mitnehmen kann. Was das sein könnte, weiß ich natürlich nicht, da ich die persönlichen Hintergründe der Zuhörer nicht kenne.“
Der dritte Teil der „Anrufung“ wird zum ersten Mal sogar schon im Festgottesdienst am 1. Oktober zu hören sein. Steffen Schleiermacher (61) hat bereits schon mehrere Stücke für die Merseburger Ladegastorgel komponiert. 2004 war es die „Merseburger Ouvertüre“, später „Merseburger Magnifikat“. Die „Merseburger Anrufung“ ist ein Auftrag der Stadt Merseburg und der Propstei Halle-Wittenberg der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands.
2. Oktober, 19 Uhr, Festkonzert „Klänge aus 1.000 Jahren“ mit Uraufführung der „Merseburger Anrufung“