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Merseburg Merseburg: Skrupellose Räuber schocken Ehepaar

Von Dirk Skrzypczak 23.05.2012, 17:41

Merseburg/MZ. - Liselotte und Peter Stockmar stehen an der eisernen Umfriedung vor dem geplünderten Wandgrabmal auf dem Merseburger Stadtfriedhof. Hinter ihnen flattert das Polizeiabsperrband. "Ich bin erschüttert, dass es Menschen gibt, die ohne Skrupel stehlen und dabei selbst vor so einem Ort nicht haltmachen", sagt der 89-jährige Peter Stockmar. Aus der Zeitung hatten die Eheleute von dem Kunstraub erfahren. Sechs barocke Buntsandsteinfiguren hatten die Täter am vergangenen Freitag professionell von drei Gräbern abgenommen. Darunter sind auch die Darstellungen der Nächstenliebe und der Hoffnung vom Grabmal der Stockmars.

Die Ruhestätte direkt hinter dem Übergang von der ersten in die zweite Abteilung des Stadtfriedshofs hatte Peter Stockmars Mutter Hedwig 1950 übernommen, als sein Vater starb. Angelegt wurde das Grabmal 1731 für den verstorbenen Kammerdiener Johann Georg Voigt. Doch als die Voigts selbst keine Nachkommen mehr in Merseburg hatten und die Parzelle dem Verfall preisgegeben war, übernahm die Hotelier-Familie Stockmar das imposante Grab, das zweifellos zu den prächstigsten auf dem Gottesacker zählt. Die beiden Sandsteinskulpturen werden Bildhauer Christian Trothe (1676 - 1732) zugeschrieben. Von ihm stammen auch die Darstellungen von Tod und Totengräber, die auf dem Portal des Durchgangs zum zweiten Teil des Friedhofs stehen, der 1726 angelegt worden ist. "Um das Grab selbst kümmern wir uns seit fünf Jahren nicht mehr. Wir haben es nicht mehr geschafft", erzählt Liselotte Stockmar (78). Jetzt ist das barocke Grabmal im Eigentum des Evangelischen Kirchspiels Merseburg. Einmal pro Woche laufen die Stockmars dennoch hinauf zum Friedhof an der Weißenfelser Straße und halten an der Ruhestätte inne. 1984 war die bislang letzte Verwandte der Familie unterhalb von Caritas und Spes bestattet worden.

Die gestohlenen Figuren selbst waren bereits stark verwittert, berichten sie. So hatten Wind und Wetter am Sandstein genagt, in der DDR die Abgase der Papierfabrik in die Skulpturen gefressen. "Es sind immer mal kleine Teile abgebrochen. Wir selbst hatten nicht die finanziellen Möglichkeiten, das Grabmal sanieren zu lassen", sagt Peter Stockmar. Deshalb setzen sich Kirche und Altstadtverein auch seit 20 Jahren dafür ein, dass die barocken Gräber für die Nachwelt erhalten bleiben.