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Merseburg Merseburg: Diebesgut wird verschenkt

Von Jan-Ole Prasse 31.10.2012, 17:51

Merseburg/MZ. - Ein goldgelber Schimmer breitet sich im Kofferraum seines Autos aus, als Jens Urban die Klappe öffnet. Hunderte Bernsteine in allen Größen und Formen liegen dort - viele davon aus dem Geiseltal - verstaut in profanen Pappschachteln oder Schuhkartons. Der größte Bernstein hat etwa den Umfang eines Footballs. "Das war beinahe alles weg", sagt Jens Urban, der am kommenden Samstag die Mitteldeutsche Mineralienmesse in Schkeuditz veranstaltet.

Denn der Bernsteinhändler erlebte Anfang September einen riesigen Schock. Auf der Rückfahrt von seinem Familienurlaub auf Pellworm (Schleswig-Holstein) rief seine Putzfrau auf dem Handy an. "Sie erzählte ganz aufgeregt, dass in mein Lager eingebrochen wurde." Zu Hause angekommen stellte er das ganze Ausmaß des Einbruches fest. "Die haben alles mitgenommen, was irgendwie transportabel war", sagt er: "30 Kilogramm Bernstein, Musteredelsteine wie Smaragde und Rubine und alle meine Computer."

Für Urban war das ein Schlag ins Kontor. Nicht nur, dass Bernsteine fehlten, die er schon verkauft hatte. Die gestohlenen Computer waren ein ähnlich harter Schlag. "Da war alles drauf für die Messe, Verträge, Standplan, einfach alles." Er war kurz davor, die Messe zum ersten Mal seit 21 Jahren abzusagen.

Dass es soweit nicht kam, hat Urban einem glücklichen Zufall zu verdanken. Denn die Diebe versuchten, die gestohlenen Bernsteine über das Internetauktionshaus Ebay zu versteigern. Ein befreundeter Händler aus Hamburg stieß darauf. Urban: "Er rief mich an und sagte, dass meine Steine bei Ebay zum Verkauf stehen." Der 45-Jährige reagierte sofort und forderte seinen Freund auf, für die Bernsteine zu bieten - egal was es koste. "Er hat die Auktion dann gewonnen, dadurch hatten wir den Namen und die Adresse." Die alarmierte Polizei konnte beinahe das gesamte Diebesgut sicherstellen.

Für Urban hatte der Diebstahl im Nachhinein noch einen schönen Nebeneffekt. "Die Diebe haben mein Lager so genau durchkämmt, dass ich Steine wiederbekommen habe, von denen ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie noch habe." Bei den Mengen an Bernstein, die Urban sein Eigen nennt, könnte jeder schnell den Überblick verlieren. Etwa eine Tonne Bernstein besitzt Urban insgesamt.

Begonnen mit dem Bernstein-Sammeln hat der gelernte Hydrogeologe während seines Journalistikstudiums. "In den Braunkohletagebau-Halden in Goitzsche und im Geiseltal habe ich angefangen", erzählt Urban. Im Geiseltal hat er zwischen 150 und 200 Kilogramm gefunden. Goitzsche erwies sich als noch ergiebiger. "Hier waren es zwei bis drei Tonnen", so Urban. Mittlerweile hat er sich auf den Handel spezialisiert mit Kunden in Japan, China, Vietnam und Saudi-Arabien.

Ein Teil des Diebesgutes wird aber nicht mehr an seine Kunden gehen. "Da ich überhaupt nicht damit gerechnet habe, dass ich das zurückbekomme, werde ich ein wenig verschenken." Jedem Besucher der Mitteldeutschen Mineralienmesse will Urban einen Bernstein geben. "Am Ende werde ich so fünf bis sechs Kilo unter die Leute bringen."