Mein eigener Chef Mein eigener Chef: Wenn der Eis-Mann auf der Straße klingelt
Knapendorf/MZ. - Wenn die Handglocke klingelt, weiß selbst jedes Kind: "Der Eismann kommt." Das Bimmeln der gelben Autos von Family Frost ist in vielen Orten zum festen Bestandteil der Geräuschkulisse geworden. Und das seit zehn Jahren. So lange schon fährt Horst-Detlef Stollberg täglich etwa siebzig Kilometer, um Eis, Tiefgekühltes und Backwaren unter die Leute zu bringen.
Und die warten oft schon am Straßenrand, denn die Touren sind festgelegt wie bei einem Busfahrplan. "Damit daraus für die Kunden eine Gewohnheit wird", sagt Stollberg, der mittlerweile elf Autos und neun Fahrer hat. Anders wäre das große Gebiet gar nicht zu bewältigen, dass von Löbejün (Saalkreis) bis nach Bad Dürrenberg und Roßleben in Thüringen reicht, einschließlich Merseburg und ein Teil von der Saalestadt Halle. Stollberg reizt an seiner Arbeit, dass sie so vielfältig ist. Organisieren, Ausfahren, Mitarbeiterführung, neue Kunden gewinnen. "Das liegt mir", sagt der 47-Jährige, der früher Offizier bei der NVA war. 1990 dann die Suche nach einer neuen Tätigkeit. Der Vater dreier Söhne antwortete "auf jede Anzeige, die Erfolg versprach." Heiratsvermittlung, Türen-Renovierung, schließlich Family Frost, der Tiefkühl-Heimdienst, der sich im Sommer 1990 gegründet hatte und nun Franchise-Partner sucht.
In Knapendorf findet er einen Bauernhof, auf dem er seine gelben Mercedes-Sprinter unterstellen kann und die Kühlzelle Platz hat. Von hier aus starten die Touren. Die Mobilität sieht er als Vorteil, trotz der vielen Baustellen auf den Straßen. Denn die brachten ihm gerade im heißen Sommer neue Kunden: "Wenn Bauarbeiter uns sehen, heben sie den Arm", erzählt der "Eismann", der auch trefflich über die kalte Schleckmasse philosophieren kann. "Je weiter im Süden", so Stollberg, "um so weniger Eis wird verkauft." Wie bitte? "Skandinavien ist Spitzenreiter in der Statistik", klärt er auf. Und in Chemnitz würden die Leute weniger Eis essen als in Mecklenburg.
Auch wenn Stollberg sich mit seinen fahrenden Tiefkühltruhen an die Ladenschlusszeiten halten muss, kommt er mit dem ganzen Drumherum oft auf einen Zwölf- bis Vierzehn-Stunden-Tag. Zum Fußball spielen in Bennstedt kommt er selten. Ärger mit seiner Frau bekommt er wegen der langen Arbeitstage nicht. Sie sieht er auch so. Gudrun Stollberg macht die Buchhaltung in der Firma.