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Luftrettung des ADAC Luftrettung des ADAC: Auch bei dem Busunfall auf der A9 zählte jede Minute

Von Michael Bertram 26.05.2019, 10:00
Bei dem schweren Busunfall vor einer Woche waren sowohl Christoph 61 als auch Christoph 63 vom ADAC im Einsatz.
Bei dem schweren Busunfall vor einer Woche waren sowohl Christoph 61 als auch Christoph 63 vom ADAC im Einsatz. dpa

Dölzig - Wenn es besonders schnell gehen muss, dann ist auf Martin Handschuh und dessen Kollegen Verlass. Mit einer Geschwindigkeit von mehr als 230 Kilometern pro Stunde eilt der Pilot in seinem gelben Hubschrauber herbei, um Patienten nach Unfällen oder mit schweren gesundheitlichen Problemen in ein Krankenhaus zu fliegen.

Auch bei dem schweren Busunglück mit einer Toten und mehr als 70 Verletzten am vergangenen Wochenende waren die beiden in Dölzig bei Günthersdorf stationierten Hubschrauber der ADAC Luftrettung im Einsatz.

Luftrettung des ADAC: „Christoph 61“ und „Christoph 63“

„Christoph 61“ und „Christoph 63“, so die Namen der beiden Hubschrauber brachten jeweils zweimal Schwerverletzte innerhalb kürzester Zeit von der A 9 in Kliniken in Halle, Leipzig und sogar Jena. „Wir werden immer dann gerufen, wenn es besonders schnell gehen muss oder am Boden kein Notarzt verfügbar ist“, weiß Pilot Martin Handschuh, der seit fast 30 Jahren fliegt, 14 davon im Dienste des ADAC.

2.472 Mal hoben die beiden an der A9 stationierten Hubschrauber allein im vergangenen Jahr ab, um Leben zu retten oder schwerkranke Patienten zu verlegen. Gut ein Drittel der Einsätze, so zeigt es die Statistik, absolvierte die Luftrettung, die durch den Freistaat Sachsen finanziert wird, in Sachsen-Anhalt. Aber auch Sachsen, Thüringen und Brandenburg werden von den sechs Piloten in der Station angeflogen.

ADAC: „Die Ursachen für Einsätze haben sich seit der Gründung der Luftrettung deutlich verändert“

„Die Ursachen für Einsätze haben sich seit der Gründung der Luftrettung deutlich verändert“, erklärt Jochen Oesterle, Pressesprecher der ADAC-Luftrettung, die erst kürzlich den einmillionsten Einsatz insgesamt absolviert hat. „Wir hatten damals in den 70ern in der Bundesrepublik noch über 20.000 Verkehrstote, da war die Luftrettung erst langsam, dann immer öfter gefordert“, erzählt Oesterle. Inzwischen machten Unfälle nur noch neun bis zehn Prozent aller Einsätze aus, wie der Sprecher betont.

„Fast 60 Prozent der Flüge waren im vergangenen Jahr auf internistische Notfälle zurückzuführen“, sagt er. Dahinter verbergen sich oft Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei denen jede Minute zählt. Genauso bei Schlaganfällen, die zehn Prozent der Einsätze auslösten. „Oft werden wir über die Integrierte Leitstelle in Leipzig aber auch angefordert, um schnellstmöglich einen Notarzt an einen Einsatzort zu bekommen“, sagt Oesterle.

„Man nennt mich schonmal den Kachelmann“

Bevor die technisch hochgerüsteten Eurocopter, von denen einer rund sechs Millionen Euro kostet, das erste Mal am Tag abheben können, müssen die Techniker eine umfassende Checkliste abarbeiten, um zu verhindern, dass die Besatzung selbst in Not gerät. Etwa 400 Punkte umfasst die Liste. Dann holt sich der Pilot den aktuellen Wetterbericht.

Auch gut eine Woche nach dem Busunglück auf der A 9 bei Bad Dürrenberg war am Freitag von der zuständigen Staatsanwaltschaft Leipzig weiterhin nichts Neues zur Ursache des Unfalls mit einer Toten und über 70 Verletzten zu erfahren. Aktuell ermittelt die Behörde gegen den selbst schwer verletzten Fahrer wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung.

„Man nennt mich schonmal den Kachelmann“, sagt Handschuh, der ein Faible für die meteorologischen Daten hat. Damit die Hubschrauber sofort wieder starten können, wird nach jedem Einsatz getankt und Verbrauchsmaterial an Bord aufgefüllt.

„Nach Unfällen mit Kindern fließen auch bei uns manchmal Tränen“

An der Wand des kleinen Aufenthaltsbereichs in der Dölziger Station hängen viele selbstgemalte Bilder, Briefe und Fotos. Das sind Dankschreiben von Patienten oder von deren Angehörigen, erzählt Martin Handschuh. Jeder Luftretter habe zudem seine eigene „Hall of Fame“ - Einsätze, die für immer im Gedächtnis bleiben. „Nach Unfällen mit Kindern fließen auch bei uns manchmal Tränen“, erzählt er. Über ein Betreuersystem innerhalb des ADAC bauen sich die Kollegen gegenseitig wieder auf, wie der Pilot sagt.

Schrillt ein Alarm in der Station, wird es in Dölzig hektisch. Dann laufen jeweils ein Pilot, ein Notarzt und ein sogenannter Luftrettungsassistent, der beim ADAC über eine mindestens fünfjährige Bodenerfahrung verfügen muss, zum Hubschrauber - um wieder einmal Leben zu retten. (mz)

Pilot Martin Handschuh und seine Kollegen sind stets einsatzbereit, wenn sie aufgrund eines Notfalls gebraucht werden.
Pilot Martin Handschuh und seine Kollegen sind stets einsatzbereit, wenn sie aufgrund eines Notfalls gebraucht werden.
Peter Wölk
Seit 2007 ist die ADAC-Luftrettung in Dölzig bei Günthersdorf stationiert.
Seit 2007 ist die ADAC-Luftrettung in Dölzig bei Günthersdorf stationiert.
Peter Wölk