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Lieber Kamm oder Pipette?

Von Elke Jäger 02.07.2008, 14:14

Leuna/MZ. - Jana pustet auf ihren Finger, der in einem Eiswürfel steckt. "Puh, ich hab' mir den Finger verbrannt", seufzt sie und wiegelt schnell ab: "Ist nur eine kleine Blase und nicht schlimm. Aber das Experiment mit den Perlen war interessant!" Jana ist Schülerin einer 7. Klasse der Goethe-Sekundarschule Merseburg und nimmt in dieser Woche an einem Projekt in den Räumen der Interessengemeinschaft Bildung Leuna-Merseburg (IBLM) am Standort Leuna (Sitz von Bal) teil.

Vier Tage lang können die 13- und 14-jährigen ausgewählte Berufe testen und sich über Inhalte und Anforderungen informieren. Jana hat sich zuerst für den Bereich Chemie / Industrieproduktion entschieden. Im Labor dürfen die Schüler nach einer Einweisung eigenständig experimentieren und haben dabei bunte Borax-Perlen hergestellt. Auch Rebecca findet das spannend: Sie interessiert sich für Chemie und könnte sich einen Beruf in dieser Richtung gut vorstellen.

Damit ist die 13-jährige Merseburgerin eine Ausnahme. "Die meisten Schüler haben kaum klare Vorstellungen über ihre Berufswahl", konstatieren Ina Teske vom Bildungswerk der Wirtschaft Sachsen-Anhalt (BWSA) und Regina Barthel von der IBLM. Sie engagieren sich gemeinsam mit dem Internationalen Bund (IB) für "Brafo". Dahinter verbirgt sich ein Projekt, mit dem Schüler frühzeitig eine Berufsorientierung erhalten sollen. Finanziert wird es über die Bundesagentur für Arbeit und durch das Land aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF).

In Leuna wird nun für alle Schüler der 7. und 8. Klassen des südlichen Saalekreises (ehemals MQ) eine Berufs-Schnupperwoche angeboten. Seit dem Start des Pilotprojektes im September 2007 konnten rund 800 Jugendliche aus zehn Sekundarschulen einen ersten Eindruck von sieben Berufszweigen gewinnen. Bis Februar bleibt Zeit, mit weiteren Veranstaltungen daran anzuknüpfen - und zu hoffen, dass das Projekt weitergeht. Von seinem Erfolg sind alle Beteiligten überzeugt. "Hier können die Schüler sehen, was erwartet dich eigentlich, was musst du leisten, wie sind die Arbeitszeiten oder die Verdienstmöglichkeiten?", schildert Hans-Georg von Nordheim von der IBLM seine Erfahrungen. Nach wie vor stünden bei den Mädchen Berufe wie Friseurin, Kosmetikerin oder Verkäuferin und bei den Jungen Kfz-Techniker oder Elektriker obenan auf der Wunschliste. Während der Projekttage werden sie auch nach ihren Neigungen und Interessen gefragt und müssen selbst einschätzen, was ihnen gefallen oder nicht gefallen hat. Am höchsten in der Gunst stehen gegenwärtig Berufe in Küche und Gaststätte, am wenigsten interessieren sich die Schüler für Chemie und Industrie. Doch gerade hier sind die Chancen auf einen Job nach der Ausbildung am größten.