Letzte Ruhe auf grüner Wiese
Braunsbedra/MZ. - Bestattungen auf der so genannten grünen Wiese nehmen zu. Wünschten vor sechs Jahren noch 80 Prozent der Deutschen ein normales Erd- oder Urnengrab, so sind es heute nur noch 60 Prozent. Ein Trend, der auch im Geiseltal nachvollziehbar ist.
Fast die Hälfte aller Urnenbeisetzungen erfolgt in Mücheln im Urnenhain ohne feste Grabfläche und Grabstein. Bauamtsleiter Steffen Keller rechnet zusammen: "Bis Ende Dezember waren es von 90 Urnenbeisetzungen exakt 29. Fast ebenso gestaltet sich die Statistik für das Vorjahr." Im Unteren Geiseltal, wo sich von insgesamt acht Friedhöfen drei direkt in Braunsbedra befinden, liegt der Anteil anonymer Bestattungen noch höher. "Bis Anfang Dezember registrierten wir 123 Todesfälle. Es gab elf Erdbestattungen und 110 Urnenbeisetzungen, davon 45 im Urnenhain der Anonymen", schildert Blanka Leupold, verantwortlich für Friedhofswesen.
Im Oberen und Unteren Geiseltal sieht man weniger das im Januar 2004 weggefallene Sterbegeld in Höhe von 525 Euro als Auslöser für den vermehrten Zuspruch, sich anonym bestatten zu lassen. "Die Familien driften auseinander. Hinterbliebene sind verunsichert, ob sie die Grabstätten ihrer Angehörigen auf Dauer pflegen können. Man denkt in den Familien eher praktisch", sagt Leupold. Die Menschen würden der Arbeit hinterher ziehen. Da sei Gräberpflege einfach Ballast. Und Amtsleiterin Marianne Tengler ergänzt: "In meiner Familie ist das so. Die Kinder sind erwachsen und gehen fort. Mein Mann und ich haben bereits beschlossen, im Urnenhain von Neumark die letzte Ruhestätte zu haben."
Früher sei die grüne Wiese mit dem Vorurteil der Geldnot behaftet gewesen. Arme würden dort verscharrt, habe es schnell geheißen. "Das ist schon lange nicht mehr so. Unser Hain ist sauber und gepflegt. Dafür sorgen unsere drei Friedhofsgärtner." Eine Beisetzung an diesem Ort laufe nach Wunsch der Hinterbliebenen ebenso feierlich mit Blumen, Musik und Rede wie an den anderen Orten des Friedhofes, wird in der Stadtverwaltung versichert. Eine preiswertere Beisetzung sei zudem gesichert. In der Stadt Mücheln schlägt die Beisetzung dort mit 100 Euro zu Buche. In Braunsbedra sind es nur 61 Euro. Für ein normales Urnengrab müsste man 153 Euro bezahlen. Nur wenn keine Hinterbliebenen da sind, übernehmen die Kommunen die Kosten für die Bestattung auf der grünen Wiese. "In den letzten Jahren war das vielleicht zweimal der Fall", erinnert sich Leupold.